Stellenanzeigen richtig lesen: Vom Gefahren-Sucher zum Chancen-Finder
Immer mehr Bewerber finden sich im Dschungel der Stellenanzeigen nicht zurecht. Sie können mit den hochtrabend klingenden Jobtiteln nichts anfangen, die Aufgabenbeschreibungen zeichnen ein Bild von allem und nichts und die erwünschten Qualifikationen klingen immer gleich nach der Eier legenden Wollmilchsau. Warum Sie nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen sollten und worauf es bei der Lektüre von Stellenanzeigen wirklich ankommt:
„Darf ich mich mit einem 2,0-Abschluss bewerben, wenn ein überdurchschnittlich abgeschlossenes Studium gefordert ist?“ „Was sagt es über diesen Job aus, wenn ich als Bewerber belastbar und durchsetzungsstark sein soll?“ „Wen suchen die eigentlich – und macht es überhaupt Sinn, dass ich mich darauf bewerbe?“ sind Fragen, die mir viele Jobwechsler im Coaching stellen. In den Köpfen von Bewerbern herrscht eine große Unsicherheit, die nicht nur ihre Entscheidung für oder gegen eine Bewerbung auf diese Position erschwert, sondern sich auch in ihren Unterlagen widerspiegelt.
In diesem Beitrag möchte ich mit dem Irrsinn aufräumen, jedes Wort einer Stellenanzeige interpretieren zu müssen, sondern Ihnen als Bewerber den Impuls geben, Stellenausschreibungen aus einer anderen, gelasseneren Perspektive zu lesen und so vom skeptischen Gefahren-Sucher zum neugierigen Chancen-Finder zu werden.
Schritt 1: Vom Gefahren-Sucher zum Chancen-Finder
Echte Begeisterung für eine ausgeschriebene Stelle erlebe ich extrem selten im Coaching mit Job Suchenden. Ich habe zunehmend den Eindruck, dass ein Großteil der Bewerber als verunsicherte Gefahren-Sucher mehr auf der Jagd nach dem Haken an einer Annonce ist und unterbewusst einen guten Grund sucht, sich lieber nicht darauf zu bewerben, statt sich als Chancen-Finder bewusst darüber Gedanken zu machen, ob diese Position bei einem Arbeitgeber wirklich zu den persönlichen Werten und Zielen sowie individuellen Stärken und Erfahrungen passt.
Sehe ich mir die vielen Tipps im Netz zum Thema „Stellenanzeigen richtig lesen“ an, dann wundert mich diese Haltung nicht. Die meisten der Ratschläge beschränken sich auf die Interpretation einzelner Wörter und mahnen Bewerber zur Vorsicht:
Sie sollen „belastbar“ sein? – Dann ist der Herzinfarkt vorprogrammiert!
Sie sollen sich durch „hohes Engagement“ auszeichnen? – Dann sind Überstunden an der Tagesordnung!
Es soll eine „ausgeglichene Work-Life-Balance“ herrschen? – Dann dürfen Sie morgens zwar später anfangen, müssen aber stattdessen auch am Wochenende schuften!
Ich finde es erstaunlich, was alles in die heute typischen Phrasen von Stellenausschreibungen hinein interpretiert wird und mit welcher Oberflächlichkeit Bewerber zur äußersten Vorsicht ermahnt werden. Kennen Sie noch die Sendung „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ mit Eduard Zimmermann? Es kommt mir so vor, als müssten Bewerber vor den undurchsichtigen Stellenanzeigen der hinterlistigen Personaler und ihren arglistigen Täuschungen beschützt werden. Ein Bild, das absolut nicht förderlich ist für einen Bewerbungsprozess auf Augenhöhe, und das aus Bewerbern ängstliche Skeptiker macht, statt Neugierde auf Veränderung zu wecken.
Meine Erfahrung ist eindeutig: Ihre Einstellung als Bewerber/in entscheidet darüber, ob es am Ende mit dem Jobwechsel klappt. Und zwar nicht erst dann, wenn Sie einem potenziellen neuen Arbeitgeber im Gespräch gegenüber sitzen, sondern bereits mit der Sichtung und Bewertung von Stellenanzeigen. Suchen Sie akribisch nach Gründen, warum es wahrscheinlich nicht passt und Sie mit Ihrem Lebenslauf eh keine Chance haben, dann bleibt Ihnen der Blick auf das versperrt, was zu Ihnen passt und in Zukunft wirklich wichtig ist. Außerdem: Wer möchte schon einen skeptischen Angsthasen einstellen, der jedes Wort auf die Goldwaage legt?
Schritt 2: Worthülsen akzeptieren statt interpretieren
Teamfähig – kommunikationsstark – belastbar – überdurchschnittlich erfolgreich – Eigeninitiative – dynamisches Umfeld – anspruchsvolle Aufgabe – unternehmerisches Denken – Hands-on-Mentalität – gutes Auftreten – analytische Fähigkeiten – mehrjährige Berufserfahrung – Zahlenaffinität – integere Persönlichkeit – Organisationstalent – Verhandlungsgeschick – strukturierte Arbeitsweise – Begeisterungsfähigkeit – Gestaltungsspielraum – verantwortungsvolle Position – flache Hierarchien – Freiräume – neue Herausforderung – …
Sie kennen solche und andere Begriffe, die Sie heute in fast jeder Stellenausschreibung gleich lesen. Unspezifisch weichgespülte Worthülsen, die sich in Anzeigen tummeln, um den Job ins beste Licht zu rücken, um möglichst viele Bewerber anzusprechen und sich als Arbeitgeber nicht festlegen zu müssen. In vielen Unternehmen zählt die Quote „Anzahl Bewerbungen je Stellenausschreibung“ als Erfolgskennzahl für gute HR-Arbeit. Ein großer Fehler aus meiner Sicht, denn Klasse statt Masse dürfte in Zeiten der Digitalisierung sowie den Verhältnissen auf unserem heutigen Arbeitsmarkt das bessere Ziel bei Bewerberansprache und -auswahl sein.
Glauben Sie wirklich, dass sich ein Personaler Gedanken darüber macht, ob es wichtig ist, dass ein neuer Mitarbeiter in einer bestimmten Position besonders belastbar oder irgendwie teamfähig ist? Und ist es nicht selbstverständlich, dass Sie als Angestellter integer sind und strukturiert arbeiten können? Dass Ihnen eine Position neue Herausforderungen verspricht und Sie mit Begeisterung bei der Sache sind, das dürfte Sie auch wenig überraschen.
Erst letzte Woche habe ich zwei aktuelle Stellenanzeigen eines großen Konzerns für unterschiedliche Positionen und Level mit 95% identischem Text bei Aufgaben und Anforderungen gesehen – die eine Stelle ist der Chef der anderen Stelle. Verrückt, oder?
Verschwenden Sie als Bewerber in Zukunft keine Energie mehr in die blinde Interpretation von solchen nichtssagenden Worthülsen. Sie können nicht wissen, was genau mit „belastbar“ gemeint ist oder was aus Sicht Ihres neuen Arbeitgebers konkret ein „gutes Auftreten“ auszeichnet. Vergessen Sie die vielen „Vorsicht Falle!“-Tipps, die Ihnen einzureden versuchen, aus der genauen Analyse einzelner Wörter einer Stellenanzeige auf die Güte eines Jobs oder sogar die Attraktivität eines Arbeitgebers schließen zu können.
Mein Extra-Tipp zum Thema Worthülsen: Machen Sie sich lieber Gedanken, welche Talente und persönlichen Stärken sich konkret hinter solchen Worthülsen für Sie verbergen: Was genau macht Sie teamfähig und was ist Ihre Rolle in einem Team? Was zeichnet Ihre Kommunikationsstärke besonders aus? Können sie gut Texte schreiben, Präsentationen halten oder mit Kunden telefonieren? Erst so wird aus Worthülsen die Klarheit, die Sie für Ihre Bewerbung nutzen sollten. Nur weil Stellenausschreibungen voller Worthülsen sind, muss dies ja nicht auch für Ihre Bewerbungsunterlagen zutreffen.
Schritt 3: Stellenanzeigen als Ganzes erleben
Wenn ich schreibe, dass Sie Stellenanzeigen aus einer anderen Perspektive betrachten sollten, dann meine ich damit weder, dass Sie sich vor Ihrem Bildschirm in den Handstand schwingen, noch die rosarote Brille aufsetzen müssen. Es geht um den (gedanklichen) Abstand, den Sie beim Lesen einnehmen, um nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen, sondern um im Großen und Ganzen zu bewerten, ob es für Sie passen könnte und es sich lohnt, weitere Recherchen anzustellen und schließlich eine Bewerbung zu verschicken:
- Wie wirkt die Anzeige auf Sie, wie ist sie gestaltet und geschrieben, wie stark fühlen Sie sich persönlich angesprochen?
- Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an diesen Arbeitgeber denken und können Sie sich vorstellen, dort zu arbeiten? Verspüren Sie die Lust, mehr über das Unternehmen in Erfahrung zu bringen?
- Wie ist die Struktur im Unternehmen, wo ist die Position angesiedelt, an wen berichten Sie und wie groß ist das Team? – Und können Sie in einer solchen Struktur gut arbeiten?
- Wenn Sie die Aufgabenbeschreibung lesen, haben Sie dann ein Bild von dem, was Sie in Zukunft tun werden? Geht es hier mehr um konzeptionell strategische Aufgaben oder mehr um operativ verwaltende Tätigkeiten? Sind Sie mehr am Schreibtisch, in Projekt-Meetings oder auf Reisen unterwegs? – Und was liegt Ihnen besser?
- Wird dort eher ein breit aufgestellter Generalist oder mehr der Spezialist auf seinem Gebiet gesucht? – Und wie sehen Sie sich selbst?
- Ist die Stelle neu geschaffen worden und wird es Ihre Aufgabe sein, sie mit Leben zu füllen oder übernehmen Sie eine bestehende Position mit etablierten Strukturen und Prozessen? – Und was benötigen Sie, um von Anfang an gut arbeiten zu können?
- Bietet Ihnen die Position eine Zukunft mit Entwicklungsperspektiven oder ist sie eher ein Schleudersitz, sobald Sie nicht ausreichend performen oder Umsatz generieren? – Wieviel Sicherheit oder Abenteuer ist Ihnen im Beruf wichtig?
Auch wenn viele von Ihnen vielleicht behaupten, Gefühle haben im Job nichts zu suchen, geht es mir bei diesem Schritt vor allem um Ihr Gefühl beim Lesen der Anzeige. Was sagt Ihr Bauch zu dem, was Sie dort vor sich sehen und über die Stelle sowie den Arbeitgeber erfahren haben? Versuchen Sie, das Gefühl konkret zu benennen und fragen Sie sich auch, was genau in der Stellenanzeige dieses Gefühl ausgelöst hat.
Im Coaching erlebe ich häufig Jobwechsler, die flüchtig nach irgendwelchen Stellen suchen, jedoch keine Vorstellung davon haben, wonach sie konkret suchen. So kann sich kein (gutes) Gefühl beim Lesen einstellen. Wie schon erwähnt, können Sie jede Stellenanzeige erst dann für sich bewerten, wenn Ihnen Ihre ganz persönlichen Bewertungskriterien bewusst sind. Fehlt es Ihnen hier an Klarheit, dann sollten Sie Ihre Suche an dieser Stelle stoppen und zunächst an genau dieser Klarheit arbeiten.
Schritt 4: Anforderungen entspannt sehen
Viele Bewerber sortieren aus meiner Erfahrung für sie attraktive Stellenausschreibungen zu schnell aus, weil sie glauben, die Anforderungen an die Position nicht erfüllen zu können. Weil sie nicht exakt das Studium in der Tasche haben, welches dort genannt wird. Weil sie statt der geforderten Berufserfahrung von fünf Jahren erst vier offiziell belegen können. Weil sie nicht über die Branchenkenntnisse verfügen, die in der Ausschreibung als „idealerweise“ gewünscht sind. Weil sie glauben, dass es bestimmt irgendwo auf der Welt einen anderen Bewerber gibt, der besser zu diesen Anforderungen passt.
Das eigene Gefühl, für eine Position nicht gut genug zu sein, führt insbesondere in der Kombination mit der Haltung als Gefahren-Sucher zu sicheren Totschlagargumenten, eine auf den ersten Blick spannende Ausschreibung ganz schnell lieber in den Papierkorb zu befördern.
Es geistern unterschiedliche Meinungen durchs Netz, wie hoch die Passung eines Kandidaten zum geforderten Profil in der Ausschreibung mindestens sein sollte, damit eine Bewerbung sinnvoll ist. Von 60 bis 70 Prozent Passung ist häufig die Rede, doch ich bin der Meinung, dass selbst dies in der heutigen Zeit eine viel zu oberflächliche Faustformel ist. Wer sagt, dass Sie mit Ihrem Studium etwa als Biologe und einigen Jahren relevanter Berufserfahrung nicht ebenso gut für eine Position geeignet sind und dort einen super Job machen, wie der Betriebswirt, der in der Stellenausschreibung (aus Gewohnheit) erwünscht ist? Wer weiß, ob ein branchenfremder Mitarbeiter nicht viel wertvollere Impulse in ein Team einbringen kann, als es bei einem Kandidaten mit 10 Jahren eingebrannter Branchenerfahrung der Fall ist?
Ich empfehle Bewerbern, sich die Anforderungen in der Stellenausschreibung vor allem anzusehen, um sich ein Bild über das Einstiegslevel, die Relevanz der Aufgaben innerhalb der Organisation, die Schnittstellen zu anderen internen Bereichen oder Dienstleistern bzw. Kunden sowie auch das vermutete Gehaltsniveau zu machen. Trauen Sie sich die beschriebenen Aufgaben zu und entsprechen die Stelle sowie auch der Arbeitgeber Ihren Vorstellungen von einem guten nächsten beruflichen Schritt, dann sollten Sie sich bewerben – unabhängig von der rein quantitativen Übereinstimmung mit einem geforderten Anforderungskatalog. Doch klar ist: Je weniger Sie die genannten Anforderungen erfüllen, umso mehr Klarheit und Kante benötigt Ihre Bewerbung. Woran soll Ihr neuer Arbeitgeber sonst erkennen, dass auch Sie eine gute Besetzung für diese Position sind?
Schritt 5: Lernen durchs Lesen
Selten führt bereits die erste Stellenausschreibung zum neuen Traumjob. Viele Klienten, die für ein Bewerbungs-Coaching zu mir kommen, haben 100 und mehr Bewerbungen erfolglos verschickt und hierfür wahrscheinlich mehrere Tausend Stellenausschreibungen gelesen.
Stellenausschreibungen richtig lesen bedeutet auch, durch Lesen zu lernen. Drucken Sie sich doch einmal fünf Stellenanzeigen zu einer bestimmten Position aus, die Sie im Visier haben. Legen Sie alle Anzeigen nebeneinander und vergleichen Sie diese. Achten Sie dabei auf solche Aspekte, wie ich sie in Schritt 3 beispielhaft aufgeführt habe. Sie werden sehr schnell große Unterschiede vor allem bei der Beschreibung der Aufgaben sowie der Ausrichtung der Stelle innerhalb des Unternehmens erkennen, auch wenn alle den gleichen Job-Titel tragen.
Versuchen Sie, Ihren Blick auf Stellenausschreibung im Laufe Ihres Bewerbungsprozesses zu schulen, was die Ausrichtung der Positionen betrifft und dem, was Sie suchen. Erinnern Sie sich regelmäßig an das, was Ihnen bei der Auswahl und für Ihren nächsten Job wichtig ist und passen Sie Ihre Suche auch bewusst an, sollten Sie mit der Zeit auf Umwege geraten sein.
Sie werden niemals die absolute Gewissheit erlangen, was genau sich hinter einer Stellenanzeige verbirgt und wie attraktiv der Job bei diesem Arbeitgeber tatsächlich ist. Selbst drei Bewerbungsgespräche und ein Probearbeitstag werden nicht die ganze Wahrheit offenbaren, die Sie als neuer Mitarbeiter nach ihrem ersten Arbeitstag erleben werden. Akzeptieren Sie ein gewisses Maß an Unsicherheit, schaffen Sie jedoch aktiv im Bewerbungsprozess die Klarheit, die Sie für Ihre Entscheidung benötigen.
Je zielgerichteter und damit schneller und genauer sowie auch je gelassener Sie in Zukunft Stellenanzeigen suchen und lesen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, nicht nur effizienter die Spreu vom Weizen zu trennen, sondern als Chancen-Sucher auch solche Positionen und Arbeitgeber zu entdecken, die wirklich zu Ihnen passen und Sie so deutlich die Chance auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch und am Ende den neuen Arbeitsvertrag erhöhen.
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Welche Erfahrungen haben Sie mit Stellenanzeigen gemacht und worauf achten Sie besonders, wenn Sie nach neuen Positionen und Arbeitgebern suchen? Sind Sie eher der Gefahren-Sucher oder mehr der Chancen-Finder? Ich bin gespannt auf Ihre Reaktionen zu diesem Beitrag sowie Ihre Perspektive unten als Kommentar.
(Bild: 123rf.com, #37279408, Andrea de Martin)
Sehr guter Beitrag Herr Dr. Slaghuis, ich sehe jede Stellenanzeige als Chance, jedoch zwischenzeitlich etwas kritischer. Im mittleren dreistelligen Bereich bin ich angekommen was meine Bewerbungsverfahren betrifft. Ich bin gepr. Personaldienstleistungskaufmann mit leider wenig Berufserfahrung, war Rohr- und Anlagenschweißer in mehreren Schweißverfahren (die mind. dem ehem. Schmelzschweißer gleichkommen) mit knapp 10 Jahren Berufserfahrung Schwerpunkt Sondermaschinenbau, habe mich weitergebildet im Zuge zur AÜG-Reform, habe eine Weiterbildung gemacht zum Interkulturellen Mentor im Zusammenhang mit der Inklusion von Neuzugewanderten. Im Laufe meines Lebens kommen andere Tätigkeitsfelder aus Bauhaupt- und Baunebengewerbe sowie Logistik hinzu.
Darüber hinaus gäbe es auch in meinem Fall die Möglichkeit zur Förderung um Defizite Auszugleichen oder zu erwerben im Rahmen einer Einzelfallentscheidung. All das reicht offensichtlich nicht.
Den größten Anteil meiner Bewerbungsverfahren betrifft davon die Personaldienstleistung. Jede einzelne Personaldienstleistung sucht und bietet mein jetziges und damaliges Berufsbild an. Die Aufgaben und Tätigkeiten sind mir in beiden Berufsbilder bekannt.
Sicherlich habe ich auch den Weitblick um zu wissen, dass man gemessen und bewertet wird anhand seiner erbrachten Leistung. Problematisch wird es in meinen Augen allerdings, wenn ich mich
– auf eine Stelle zum Vertriebs-/Personaldisponenten bewerbe, dass sich im Gespräch zur Personalsachbearbeitung entwickelt
– auf eine Stelle bewerbe und im Gespräch stellt sich heraus, dass alles was im Stelleninserat geboten wird erst nach der intensiven Einarbeitungsphase möglich wird. Wenn man dann noch die Frage stellt, wie lange das die Einarbeitungsphase angedacht ist? Oder was die Bewertungsgrundlage für die Einarbeitungsphase ist? Und man bekommt keine Antwort.
– auf eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle bewerbe und dann entwickelt es sich zum vier bis sechs wöchigen Praktikum im Unternehmen, bevor man sich entscheidet.
– auf eine Stelle bewerbe die mit Weiterbildungsmöglichkeiten inserieren, aber kein Platz dafür ist, dass ich z. B. eine Weiterbildung nach AdA-AEVO und den Personalfachkaufmann machen könnte.
– ich mich auf eine Stelle bewerbe bestehend aus Fixum mit leistungsorientierter Bezahlung. Trotz genauem Nachfragen nach einem Bewertungsbogens, was die Kriterien sind, sowie die Berechnungsgrundlage zu Prämienzahlungen konnte oder wollte man keine Auskunft geben.
– ich mich auf eine Stelle bewerbe und meine Ansprechpartner sind so weit weg, das schon von vornherein klar ist, das der Ansprechpartner weder Entscheider ist, noch Kenntnis darüber haben kann wie es z. B. im 350 Km entfernten Ort ist worüber man sprechen wollte und sich auch das Stelleninserat bezieht..
Ich könnte Ihnen noch unzählig viele andere Beispiele nennen, damit kommen wir aber nicht weiter. Fakt ist es geht immer ums liebe Geld
Nehmen wir doch mal folgendes Fallbeispiel, der einfacher halber verwende ich die männliche Form. Es sind beide Geschlechter gleichermaßen gemeint.
Ein Bewerber 46 Jahre, zwei Jahre Arbeitssuchend, geschieden mit einem unterhaltspflichtigen Kind das sechs Jahre alt ist. Qualifikation und Anforderungsprofil stimmen zu 100% überein.
Jetzt haben wir zwei ganz unterschiedliche Einflussfaktoren. Die eine aus Unternehmersicht und die andere aus Sicht des Bewerbers, aber beides ist dieselbe Zielgruppe. Für den Unternehmer sind Einflussfaktoren wie u.a. Budget/Kosten, Erfolgsaussichten der Maßnahme, zeitlicher Rahmen, Rekrutierungsstrategie, Wissen/Erfahrung und Nebenwirkungen Bestandteile die zur Auswahl der Maßnahme in der Personalgewinnung.
Für den Bewerber allerdings sind in diesem Fall Einflussfaktoren u.a. Unterhaltsnachzahlungen, Existenzängste, Mobilität, Kontakt zum Kind, oder der Wunsch sich weiterzubilden in einem Unternehmen und dort Fuß zu fassen.
Beide Parteien sind in meinen Augen Wirtschaftsunternehmen, die einen größer und die einen eben kleiner. Welches der Einflussfaktoren jetzt höher oder niedriger zu bewerten ist, möchte ich mir nicht anmaßen und liegt wohl im Auge des Betrachters.
Fakt ist wir reden über eine Zielgruppe. Diese bildet sozusagen das K.o.-Kriterium. Und wenn eine Zielgruppe mit einer Maßnahme nicht angesprochen bzw. nicht erreicht werden kann, dann sollte diese Maßnahme grundsätzlich nicht ergriffen werden. So zumindest steht es im Lehrbuch für Personaldienstleistungskaufleute 1. Ausbildungsjahr.
Eine Stellenbeschreibung ist doch eine schriftliche Zusammenfassung aller Merkmale einer Stelle und darauf sollte sich der Bewerber auch verlassen können.
Zumal man sich wirklich fragen muss, ob wirklich der Bedarf an Personal da ist, oder man möchte nur den Bewerberpool füllen. So einheitlich wie die Stelleninserate heutzutage sind kann man auch sagen, man versucht mit einer quantitativen Personalbeschaffung, qualitative Fachkräfte zu bekommen. 4.0 eben.
Jetzt muss ich Schluss machen, sonst schreibe ich Morgen noch. Ich hoffe Sie können mit meinem Kommentar etwas anfangen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen
Jürgen Mann
Wie ich schon öfters schrieb, bin ich als Technischer Redakter im CE-geregelten Maschinenbau unterwegs. Die meisten Stellenausschreibungen beinhalten da die gleichen Aussagen. Selten wird etwas konkret angesprochen.
Um interessante Ausschreibungen zu identifizieren versuche ich dann meist herauszubekommen, was das für ein Unternehmen und wie die Meinung im Netz dazu ist. -Gut, das mit den Meinungen muss man immer hinterfragen.- Wenn ich da schon auf eine Differenz zwischen Auftritt, Eigendarstellung und Ausschreibungstext stoße, sagt mir schon mein „Bauchgefühl“, ob ich dort nachfrage oder nicht. -Leider vergessen Unternehmen gerne mal einen Ansprechpartner zu nennen oder wenn einer genannt wurde, steht keine Telefonnummer dabei.-
Soweit, wenn es sich um ein direkt ausschreibendes Unternehmen handelt.
Meist sind es aber Vermittler, die dazwischengeschaltet sind. Dann wird es schwer. Die Texte sind meist alle gleich. -Witziger Weise verwenden die Vermittler auch noch die gleichen Ausschreibungstexte wie die Unternehmen selber oder es werden Teile des Unternehmenstextes von deren Internet-Seite wie z. B. „…seit 150 Jahren….“ verwendet. Da kann man mit etwas Suchen schon herausbekommen, welches Unternehmen dahinter steckt.-
Diese Ausschreibungen sind meist so allgemein gehalten, dass ich als Information bestenfalls herauslesen kann, welche Aufgabe (eben Technische Redaktion) erfüllt werden soll und wie der Dienstleister heißt. Der Rest ist meist eine Auflistung allgemein üblicher Tätigkeiten eines Technischen Redakteurs.
Wenn ich dann beim Vermittler anruft, bekommt man selten mehr heraus. Sinngemäß: „Unser Kunde hat uns angerufen. Er such einen Technischen Redakteur.“ Mehr kommt da nicht. Keine Aussage zum Produkt oder Produktbereich. Was dort vorhanden ist oder was nicht, kann ihnen auch keiner sagen.
Und so zieht sich das durch alle Ausschreibungen. Es ist ausgesprochen selten, dass ich jemanden erreiche, der wirklich weiß, was jetzt wirklich die Aufgabenstellung ist.
Da kann ich dann nur für mich entscheiden, ob ich da ggf. zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden möchte. Ich kann nur sagen, egal was in der Ausschriebung steht, einfach bewerben! -Natürlich nur, wenn einem das eigene Gefühl dazu rät.-
Wer jetzt glaubt, im Vorstellungsgespräch würde es besser laufen, der sollte sich da keine großen Hoffnungen machen.
Landet ich bei einem Vermittler, hat der meist keine Ahnung davon, was ein Technischer Redakteur überhaupt macht. -Die meiste Zeit verbringe ich damit meinen Beruf zu erklären und Beispiele dafür zu zeigen.-
Fragen zur Aufgabenstellung, zu den Wünschen und Vorstellungen des Kunden und wie der das bisher macht und womit er das bisher macht können zwar gestellt werden, stoßen aber eigentlich immer auf Unwissenheit.
Da bleibt dann nur zu hoffen, dass bei einem weiteren Gespräch auch mal der Kunde und dann möglichst auch jemand, der sich auskennt, dabei ist. -Leider ist auch das nicht immer der Fall.-
Gleiches gilt für direkte Bewerbungen bei Unternehmen. Nicht immer ist beim Vorstellungsgespräch jemand dabei der einem fachliche Fragen beantworten kann.
Spätestens hier sollte man zumindest mal den Arbeitsbereich beim zukünftigen Arbeitgeber zu sehen bekommen. Wenn nicht, muss ich sich entscheiden. Passt es gefühlsmäßig oder habe ich mich bereits innerlich verabschiedet?
Fazit bis hier:
Der Bewerber erfährt kaum etwas für ihn und seine Tätigkeit wichtiges. Einzig die Arbeitgeberseite bekommt einen Einblick. -Soviel mal zu den tollen Fragen, die der Bewerber dem Einladenden stellen soll.-
Wenn ich dann tatsächlich zum Vertragsabschluss eingeladen werden sollte, habe ich ein Problem. Nicht immer schlagen Arbeitgeber einen Probearbeitstag vor. Was mache ich als Bewerber, wenn ich direkt einen Arbeitsvertrag vorgelegt bekomme? Da kommt es schlecht rüber, wenn ich noch einen Probearbeitstag anbietet oder wünscht.
Ich sehe das pragmatisch. Probezeit gilt für beide Seiten! Also erst mal anfangen. Aufhören kann man immer.
Um jetzt zum Artikel zurückzukommen. Wenn denn der Text der Anzeige überhaupt etwas hergibt an Anforderungen, dann sollte man für sich entscheiden, ob das passt. Im Zweifelsfalle sollte man sich Fragen, ob
– das Unternehmen zu einem passt?
– der Auftritt des Unternehmens in den verschiedenen Quellen schlüssig ist?
– einem die Aufgaben liegen würden?
Was uninteressant ist, sind diese ganzen Floskeln die gerade Mode sind wie:
– Teamfähigkeit,
– Belastbarkeit,
– Einsatzbereitschaft.
Das wird eigentlich immer erwartet und müsste nicht extra genannt werden. Wobei ich auch schon mal lese das Teamfähigkeit und selbstständiges/eigenverantwortliches Arbeiten erwartet wird. -Ich arbeite meist alleine in den Unternehmen. Daher sehe ich „Teamfähigkeit“ eher als „kollegiales zusammenarbeiten“.
Auch die Forderung nach tollen Abschlüssen oder ewiglanger Berufserfahrung sind kein Muss. Das sind lediglich Wunschmaximierungen des Arbeitgebers.
Ansonsten finde ich den Artikel wie eigentlich immer gut. Nur über die Länge kann man geteilter Meinung sein. Das hätte auch etwas komprimierter ausfallen können.
Fazit aus über 24 Jahren Erfahrung:
Zumindest in meinem Tätigkeitsbereich sagen Stellenausschreibungen kaum etwas aus. Solange man ein positives „Bauchgefühl“ hat, sollte man sich bewerben. Alles andere wird sich ergeben. Sollte man im Laufe des Bewerbungsprozesses zu dem Schluss kommen, dass es nicht passt, dann sollte man auch Schluss machen. Es wird sich kaum zum Besseren verändern.
Und ja, ich habe auch schon mal nach einem Probearbeitstag einen Vertrag angeboten bekommen, denn ich dann nicht angenommen habe.
Erstens sind alle Unternehmen führend in irgendeine Sache und die Aufgabe ist immer spannend (auch wenn man jeden Tag das gleiche macht, aber sie sei spannend). Aber ist ein Job immer spannend? Ein Film oder ein Buch ja, aber ein Job? Ich kann mir das nicht vorstellen.
Ich bin mehrfach bezüglich dem Themen Agilität, Digital Business Innovation und weitere relevante Themen zertifiziert und arbeite seit mehreren Jahren in große Projekte als Projektleiter, Product Owner oder Scrum Master.
Ich habe leider kein BWL, sondern ein Bachelor Hospitality Management. BWL in Stellenausschreibungen ist für mich immer noch eine Recht große Hürde. Diese Anforderung liest man in 99% der Job-ads. Letztens habe ich gelesen, dass ein Team Lead BWL mitbringen müsste. Da diese Anforderung, vor allem in Deutschland, immer an erster Stelle steht, gehe ich davon aus dass diese Anforderung Prio Eins hat.
Die verunsichert und verwundert mich ein wenig, denn es herrscht Fachkräftenmangel und es gibt eine hohe Anzahl an Schulabbrecher ohne Abschluss.
Es wird Zeit, dass die Firmen und vor Allem die Menschen, die im People Bereich arbeiten, auf diese Situation reagieren. Menschen sind divers und nicht jeder passt im Passepartout, die sich Firmen gebastelt haben.
Es werden in Zukunft immer mehr Menschen, wie ich, aus andere Länder, mit andere Kulturen und andere Erfahrungen in Deutschland ankommen.
Also wäre es wichtig, dass Deutschland da umdenkt.