Ratschlag: Ein Rat mit Schlag?
Als ich heute zu meiner Tätigkeit als Coach erklärte, dass ich absichtslos gegenüber meinen Klienten bin und ihnen keine Ratschläge gebe, weil ich nicht wissen könne, was das Beste für das Leben meiner Klienten sei, sagte mein Gegenüber, dass in dem Wort Ratschlag ja auch „Schlag“ enthalten ist. Und dies deute ja schon darauf hin, dass es etwas Negatives ist. Diese Ableitung fand ich sehr interessant und habe recherchiert. Ist es wirklich der „Schlag“, der in Ratschlag steckt? Nein, denn Wikipedia sagt zum Ursprung:
Das deutsche Wort Rat meint ursprünglich die Mittel, die zum Lebensunterhalt notwendig sind (vgl. Hausrat oder Vorrat). Raten meinte ursprünglich sich geistig etwas zurechtlegen, überlegen, sich etwas aussinnen, Vorsorge treffen, vorschlagen, empfehlen.
Weit verbreitet ist die Deutung, im Wort Ratschlag stecke Schlag, und ein Ratschlag bedeute daher etwas Aggressives. Ursprünglich bedeutete der Ratschlag jedoch den Beratungskreis schlagen, den Kreis für eine Beratung abgrenzen. Es wird ein Rat einberufen, beispielsweise ein Gemeinderat oder Stadtrat. Bei einem solchen Rat handelt es sich um ein Gremium, welches sich um die Belange von Bürgern kümmert.
Quelle: Wikipedia
Fazit: Als Merkhilfe ist die Analogie geeignet, hält jedoch sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht Stand. (Gut gemeinte) Ratschläge von Freunden und Familie sind bei der Lösung von eigenen Problemen oft nicht hilfreich. Personen im eigenen „System“ sind selten absichtslos – dies im positiven wie im negativen Sinn – und raten uns möglicherweise zu Entscheidungen, die wir als selbstbestimmte Menschen vielleicht anders getroffen hätten.
Sich eine zweite Meinung einzuholen oder zu fragen, wie jemand anderer sich in einer vergleichbaren Situation entscheiden würde, kann helfen, den Sachverhalt aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Die Entscheidung oder den Weg zu Ihrem Ziel sollten aber am besten Sie für sich festlegen.
Mich nervt dieser blöde Spruch “ Ratschläge sind auch Schläge“ schon seit Jahren. Mir scheint er ein Alibi zu sein für Leute, die Andere dafür verantwortlich machen, dass sie gerade getriggert sind anstatt sich ihrer Wut und Ohnmacht zu stellen. Aus diesem Grund habe ich gerade nach der ethymologischen Wurzel des Wortes „Ratschlag“ gegoogelt und darüber ihren tollen Beitrag gefunden, welcher für mich bestätigt, dass dieser unreflektierte Spruch, wie ich instinktiv schon vermutet hatte, jeglicher sprachlicher Logik entbehrt. Danke dafür!