Aus Fehlern wird man klug. 5 Mythen zum Umgang mit Fehlern.
Fehler sind falsch, das lernen wir bereits in frühester Kindheit in unserem Schulsystem. Wer Fehler macht, wird bestraft. Wer keine Fehler macht, ist erfolgreich. So wundert es nicht, dass sich rund um Fehler und den Umgang mit ihnen zahlreiche Mythen tummeln. Hier sind die 5 beliebesten Mythen und meine Perspektive dazu:
1. Aus Fehlern wird man klug.
Richtig. Denn nur wer seine eigenen sowie die Fehler von anderen erkennt, wird diese zukünftig wahrscheinlich vermeiden können. Die Analyse von Fehlern führt zu neuen Erkenntnissen. Als Kinder lernen wir aus unseren Fehlern und werden darin von unseren Eltern sogar unterstützt. Warum soll uns dies als Erwachsene nicht mehr gestattet sein? Die Erfahrungen aus Fehlern führen zu sogenanntem negativem Wissen. Achten Sie einmal darauf, wie viele Kandidaten bei Wer wird Millionär nur über das Ausschlussprinzip gewinnen. Fehler geben Informationen über Denk- und Sichtweisen eines Menschen. Wer diese bei sich selbst und bei anderen bewusst beobachtet, entwickelt sich und andere weiter.
„Wir müssen auch aus den Fehlern anderer lernen,
denn wir leben nicht lange genug, um sie alle selbst zu machen“
(brasilianisches Sprichwort)
2. Wer Fehler macht ist dumm.
Falsch. Auch wenn in Schulen immer noch gilt, dass Fehler zu schlechten Noten führen und daran die Intelligenz von Kindern und Jugendlichen gemessen wird, sollte hier klar differenziert werden. Es gibt solche und solche Fehler. Insbesondere in Schulen sollten Kinder häufiger danach gefragt werden, warum Sie zu einer Aussage, Annahme oder zu einem Ergebnis kommen, als diese Dinge direkt als Fehler zu beurteilen. Das Verständnis von Fehlern führt uns selbst weiter (siehe Punkt 1), gibt aber auch gleichzeitig anderen die Chance, unsere Sichtweisen zu verstehen und ihre eigenen Perspektiven und Vorstellungen über Richtig und Falsch zu hinterfragen, denn: Alles gewinnt seine Bedeutung, seinen Sinn und seine Wirkung erst in einem Kontext.
3. Fehler sind menschlich.
Richtig. Jede unserer Entscheidungen findet in der Regel unter Unsicherheit statt. Wir haben fast nie ein perfektes Wissen über die Konsequenzen unseres Handelns, die Eigenschaften von Produkten oder Leistungen oder deren Nutzen. Bei wichtigen Entscheidungen, z. B. einem Autokauf, der Auswahl des Partners oder der Partnerin oder der Entscheidung für oder gegen einen Beruf versuchen wir, im Vorfeld der Entscheidung so viele Informationen wie möglich zu sammeln, doch wird uns dies wahrscheinlich nie zu vollkommener Sicherheit führen.
„Es irrt der Mensch, solang´ er strebt.“
(Johann Wolfgang von Goethe)
4. Fehler sind zu entschuldigen.
Falsch. Unser Handeln folgt aus der eigenen Überzeugung, dass das, was wir tun, in diesem Kontext und in diesem Moment richtig ist (abgesehen von bewusst begangenen Straftaten). Wir alle sehen die Welt durch unsere Augen. Anders. Einzigartig. Individuell. Das, was jemand als sinnvoll und richtig erachtet, kann für einen anderen überflüssig und sinnlos sein. Wer sich bewusst für einen Weg entscheidet, den er geht, der sollte dies aus eigener Überzeugung und in der Annahme tun, dass dies richtig ist. Machen wir einen Fehler, der Einfluss auf andere hat, bitten wir sie häufig um Entschuldigung. Ich persönlich bin der Meinung, dass uns niemand ent-schuldigen, uns also eine Schuld abnehmen kann und dies eine sehr hohe Erwartungshaltung an eine andere Person darstellt. Auch ist zu hinterfragen, ob wir uns für etwas „schuldig“ fühlen oder erklären müssen, von dem wir vorher überzeugt waren, dass es richtig ist. Ein „Es tut mir leid“ zeigt vielmehr, dass ich selbst erkannt habe, einen Fehler gemacht zu haben und zum Ausdruck bringe, dass ich die Konsequenzen meines Handelns bedauere. „Es tut mir leid“ ist mit keiner Erwartungshaltung verbunden, mein Gegenüber kann selbst entscheiden, wie er oder sie mit meinem Fehler umgeht.
5. Fehler sind wieder gutzumachen.
Falsch. Wenn Fehler geschehen sind, sind sie geschehen. Vergangenheit. Die Lösung und die Zukunft sind unabhängig vom Problem. Die Orientierung an Problemen führt zu Problemen. Über Lösungen sprechen führt zu Lösungen. Wer einen Fehler als Ausgangspunkt für den Weg zur Lösung nutzt, übersieht vielleicht andere wichtige Handlungsmöglichkeiten. Wer einen Fehler gemacht und dies erkannt hat, kann sich dafür entscheiden, beim nächsten Mal etwas ander(e)s zu machen. Wer von den Konsequenzen der Handlungen eines anderen betroffen ist, kann sich genauso entscheiden, beim nächsten Mal etwas ander(e)s zu machen.
„Die schlimmsten Fehler macht man in der Absicht,
einen begangenen Fehler wieder gutzumachen.“
(Jean Paul)