Gute Vorsätze zum Jahreswechsel: Mehr als eine Silvesterlaune

Gute Vorsätze. Es wird mal wieder Zeit. Der beliebte Lückenfüller zwischen den Jahren. Es kommt mir zu den Ohren heraus und ich habe überlegt, ob ich auf diesen Zug überhaupt aufspringen soll. Doch das Thema Umgang mit Veränderungen ist mir auch hier im Blog sehr wichtig. Ich arbeite das ganze Jahr mit Menschen zusammen, die etwas im Beruf oder in ihrem Leben verändern möchten. Sie setzen sich neue Ziele, suchen nach alternativen Möglichkeiten und begeben sich bewusst auf neue Wege. Die Gute-Vorsatz-Euphorie zum Jahresende ist in meinen Augen überhaupt nicht förderlich für wirkungsvolle Veränderungen und die Tipps, die ich hier und da lese, kratzen meist nur plakativ an der Oberfläche. Denn die Umsetzung von Veränderungen und das bewusste Beschreiten neuer Wege ist weit mehr als ein guter Vorsatz aus einer Silvesterlaune heraus.

Gute Vorsätze sollten mehr als eine Silvesterlaune sein

Warum machen wir uns eigentlich Gedanken über Ziele im Beruf und im Leben ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo es draußen um 17 Uhr stockfinster ist, wir vom Jahresendstress erschöpft sind, sich die Weihnachtsgans noch im Magen breit macht, drei Tage mit der Familie hinter uns liegen und es jetzt schon wieder um die Frage geht: Was kochen wir Silvester oder wo gehen wir hin?

Nach dem 31. Dezember folgt der 1. Januar. Ja und? Wer sagt, dass dies der einzig sinnvolle Zeitpunkt ist, sein Leben umzukrempeln und sich neue Ziele zu setzen? Neujahr habe sich hierfür etabliert, lese ich hier. Warum?

Ja, lassen Sie das Jahr Revue passieren und schwelgen Sie in Erinnerungen. Begrüßen Sie das neue Jahr mit Champagner und Tamtam – wenn Ihnen danach ist. Aber warum in dieser Verfassung die nächsten Monate des eigenen Lebens planen oder gar am 1.1. Dinge anders tun? Nur so ein Datum ist doch keine Motivation für eine Veränderung.

Wir werden in den Medien mit Tipps zugeschüttet, wie es mit den guten Vorsätzen funktioniert: Die Ziele so konkret wie möglich und der Weg dorthin in schön kleinen Schritten. Denn sonst schaffen Sie das nicht. Sie sollen Ihrem Umfeld davon erzählen, das verpflichtet. Sie sollen sich Ihre Ziele nicht zu hoch setzen, das demotiviert nämlich zu stark. Alles klar, oder?

Diese Tipps sind oft gut und richtig, doch die tatsächlich konsequente und zielgerichtete Umsetzung Ihrer  Vorsätze hängt aus meiner Sicht von ganz anderen Voraussetzungen ab, die noch vor dem Schmieden konkreter Pläne erfüllt sein sollten – gültig übrigens auch noch nach dem 1. Januar ;-)

4 Voraussetzungen und meine Tipps für richtig gute Vorsätze

1) Ihre richtige Haltung

Sind Sie aktuell ein Gefahrenabwehrer oder ein Chancenergreifer? Ein Problemsucher oder ein Lösungsdenker? Sehen Sie das Schöne und Gute oder regen Sie sich über das Schlechte auf? Sind Sie neugierig auf Neues und haben Sie Lust auf Veränderungen oder ist es ein Müssen und lästiges Überwinden? Fühlen Sie sich als Opfer in einer Welt, die so böse zu Ihnen ist, oder sehen Sie sich als Gestalter Ihres Lebens?

Was glauben Sie, was für Sie persönlich eine gute Veränderungshaltung ist?
Wann und wie können Sie diese für sich am besten einnehmen?

2) Die eigenen Ziele im Blick

Wissen Sie eigentlich, wie vielen Zielen wir täglich hinterher laufen, die gar nicht unsere eigenen Ziele sind? Sondern in Wahrheit sind es die Wünsche und Erwartungen der Eltern, Partner, Kinder, Freunde, Chefs oder Kollegen, die wir versuchen, zu erfüllen, um es ihnen Recht zu machen und zu gefallen. Oder sogar die Ziele der Gesellschaft. Aktuelle Trends, gute Sitten oder als gegeben und selbstverständlich angenommene Meinungen, wie man oder etwas heute zu sein hat.

Wessen Ziele sind es, die SIE verfolgen möchten?
Entscheiden Sie sich und machen Sie sich Ihre Ziele zu eigen.

3) Ihre echte Motivation

Hinter jedem Ziel steckt ein Motiv. Oft formulieren wir jedoch Ziele, ohne uns über das echte Motiv dahinter bewusst zu sein. Verrückt, oder? Ein Beispiel: „Ich möchte wieder mehr Sport machen!“ Die Motivation dahinter kann sein: Gewicht abnehmen. Ausdauer trainieren. Muskeln aufbauen. Mehr Bewegung. Mehr Zeit für mich. In netter Gesellschaft sein. Ein Hobby haben. Was auch immer.

Die echte Motivation für gewünschte Veränderungen meiner Klienten im Karriere-Coaching zu hinterfragen ist auch jedes Mal für mich spannend und überraschend. Denn häufig stellt sich heraus, dass das gewünschte Ziel auch anders als gedacht und mitunter leichter realisierbar ist.

Was verbirgt sich hinter Ihren guten Vorsätzen und Zielen tatsächlich?
Was ist der für Sie persönlich beste Weg, dies zu erreichen?

4) Ihre persönliche Gewinn- und Verlustrechnung

Ja, es klingt hart, aber für neue Wege werden Sie in der Regel etwas Altes aufgeben müssen. Gewohnheiten über Bord werfen, die Sie lieb gewonnen haben. Auf etwas verzichten oder etwas investieren, um das Neue zu gewinnen. Der Schritt aus der Komfort- und Gewohnheitszone hinaus kostet Kraft, ist vielleicht sogar mit Ängsten oder Sorgen verbunden. Manche Veränderungen erfordern konsequentes Durchhalten und die Etablierung neuer Gewohnheiten, andere erfordern kreatives Ausprobieren, wieder andere sind ein stetiger Prozess fortwährender Weiterentwicklung. Vun nix kütt nix – sagt der Kölner.

Was werden Sie durch eine Veränderung gewinnen und auch aufgeben?
Möchten Sie das wirklich und sind Sie jetzt hierfür bereit?

Gute Vorsätze: Ihre bewusste Entscheidung

Das Bewusstsein allein, dass es Zeit für eine Veränderung ist, wird Sie nicht weit bringen. Die meisten Neujahrs-Vorsätze gehen über dieses Bewusstsein und ein „Man müsste mal wieder“ nicht hinaus, verlaufen daher im Sande und werden ein Jahr später wieder pflichtbewusst auf die Agenda gesetzt.

Daher:

Sind Sie in einer guten Verfassung für Veränderungen und stimmt Ihre Haltung hierfür? Sind es tatsächlich ihre eigenen Ziele und kennen Sie die wahre Motivation dahinter? Erscheint die Veränderung für Sie attraktiv genug, um Gewohnheiten über Bord zu werfen?

Wenn Sie diese Fragen mit „Ja“ beantworten können, dann treffen Sie Entscheidungen! Bewusste Entscheidungen, die für die Umsetzung und Ihren neuen Weg erforderlich sind.

Möchten Sie aktuell nichts verändern, dann ist auch dies Ihre bewusste Entscheidung, die vollkommen in Ordnung ist –  selbst wenn Ihr Kalender bereits den 1. Januar anzeigt. Denn als Chef Ihres eigenen Lebens dürfen Sie das.

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

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