Recruiting-Fails: 11 Dinge, für die Jobwechsler im Bewerbungsprozess kein Verständnis mehr haben

Naturgemäß sitzen mir im Coaching oft maximal frustrierte Bewerberinnen und Bewerber gegenüber. Nicht nur, weil ihre Aktivitäten bisher nicht zum neuen Job geführt haben, sondern auch, weil sie in Bewerbungsprozessen erlebt haben, was sie sprach- und fassungslos macht. Sie schimpfen über nichtssagende Stellenausschreibungen, schlecht programmierte Eingabemasken, verbotene Fragen in Gesprächen und respektlose Absagen. Hier sind die 11 häufigsten Aufreger, die Bewerber heute nerven und meine Tipps, wie du besser damit umgehen kannst.

11 Dinge, die Jobwechsler im Bewerbungsprozess nerven und wie du gelassen reagieren kannst

1. Stellenausschreibungen mit Worthülsen-Bla-Bla

Du sollst belastbar, durchsetzungsstark, teamfähig und kommunikationsstark sein. Du musst irgendein Studium mit Erfolg abgeschlossen haben und idealerweise erste Erfahrungen in einer Branche gesammelt haben, die jedoch in der Anzeige des Personalvermittlers nicht verraten wird. Der Job-Titel als Head of ‚Irgendwas‘ klingt spannend, doch die Beschreibung der Aufgaben liest sich wie die öde Arbeitsanweisung aus dem Orga-Handbuch – Hauptsache, du beherrschst MS Office. Ach ja, und du sprichst selbstverständlich verhandlungssicher Englisch für einen Job, der sich ganz offensichtlich ausschließlich im deutschsprachigen Raum abspielt. Kein Scherz, sondern alles Beispiele aus der Praxis.

Viele Stellenausschreibungen wimmeln heute nur so von nichtssagenden Worthülsen. Die Aufgaben und Anforderungen sind so allgemein beschrieben, dass mich viele meiner Klientinnen und Klienten im Coaching fragen, wen das Unternehmen wohl tatsächlich sucht. Entweder wissen es solche Arbeitgeber selbst nicht oder der Erfolg im Recruiting wird an der Anzahl der eingehenden Bewerbungen je allgemeingültiger Stellenausschreibung gemessen. Im schlimmsten Fall eine Kombination aus beidem.

Mein Tipp für dich als Bewerber: Höre auf, Stellenanzeigen und die Floskeln darin zu stark zu interpretieren. Du weißt nicht, was „belastbar“ in diesem Job konkret bedeuten wird und du kannst auch nicht wissen, welche „Kommunikationsstärke“ dich im Tagesgeschäft ausmachen soll. Kannst du gut mit Kunden telefonieren, bist du gut in der Erstellung von Präsentationen oder kannst du gute Texte verfassen? Dies alles ist Kommunikation, daher ist es sinnlos, aufgrund dieser leeren Worte im Vorfeld allzu viel dort hinein zu interpretieren.

2. Die Stelle wird immer wieder neu ausgeschrieben

Ein Phänomen, das viele Bewerber extrem verunsichert. Stellen, die über Monate immer wieder aufs Neue ausgeschrieben werden, jedoch Kandidaten zwischenzeitlich Absagen mit der Information erhalten, dass die Stelle mit einem besser zum Profil passenden Kandidaten besetzt worden ist. „Sollte ich mich einfach nochmal bewerben?“, fragen mich viele Kandidaten, wenn ihr letzter Versuch schon einige Monate zurück liegt.

Die Ursachen für diese Beobachtung können verschiedener Natur sein. Vielleicht ist die Stelle tatsächlich neu besetzt worden, doch in der Probezeit haben sich beide Seiten wieder getrennt. Vielleicht ist die Ausschreibung auch nur im Netz, um als Marke und Arbeitgeber sichtbar zu sein – also ohne offene Stelle im Angebot. Ja, auch sowas gibt’s und ich finde es unfair gegenüber Jobsuchenden. Womöglich ist es auch eine Position, die im Unternehmen immer wieder einmal zu besetzen ist und daher ständig nach Kandidaten am Markt gesucht wird. Als Bewerber kannst du es nicht wissen und es ist Zeitverschwendung, sich hierüber den Kopf zu zerbrechen – geschweige denn sich aufzuregen.

Ist die Stelle wirklich interessant für dich, dann frage im Unternehmen nach. Schildere deine Beobachtung, was die immer wieder neue Ausschreibung und vielleicht auch deine frühere Bewerbung betrifft und frage nach, ob es sinnvoll ist, dass du dich erneut auf die Position bewirbst.

3. Rätselraten bei der Gehaltsvorstellung

Bewirb dich unter Angabe deiner Gehaltsvorstellung“ lautet die Vorgabe heute in fast allen Stellenausschreibungen. Und auch später im Gespräch ist es oft der Kandidat, der zuerst mit einem Wert herausrücken soll. Man kann darüber streiten, welche Seite wem etwas im Bewerbungsprozess zu verkaufen hat und wer hierfür zuerst das Preisschild in die Höhe halten muss. Doch für viele Bewerber und insbesondere solche, die mit dem Schritt erstmals in eine Führungsposition oder als Quereinsteiger in eine andere Branche wechseln, ist das Gefühl für das Gehaltsniveau mehr Stochern im Nebel als klare Vorstellung. Wäre es nicht auch im Sinne einer effizienten Vorselektion zielführender, wenn Arbeitgeber mit der Stellenausschreibung eine Ziel-Gehaltsspanne angeben und so dieses Rätselraten beenden? In anderen Ländern ist es Normalität, wir in Deutschland diskutieren darüber seit vielen Jahren.

Auch hier kannst du dich als Bewerberin oder Bewerber darüber aufregen und schlaflose Nächte damit verbringen, auf den Euro genau deinen Marktwert zu ermitteln, doch auch das ist zu diesem frühen Zeitpunkt im Bewerbungsprozess Energieverschwendung. Solange Arbeitgeber von Kandidaten erwarten, dass sie zuerst mit ihrem Wunschgehalt rausrücken, kannst du maximal einen Wert nennen, der für dich in dieser Position und Branche angemessen und realistisch erscheint. Deine Bewerbung ist noch keine finale Gehaltsverhandlung – auch wenn du natürlich hiermit eine Marke setzt.

Gleichzeitig hat deine Gehaltsangabe auch etwas mit Selbstschutz zu tun: Stellst du dir 70 Tsd. Euro für eine für dich interessant klingende Position vor, ist diese jedoch intern mit 40 Tsd. Euro budgetiert, dann vermittelt nicht nur die Ausschreibung ein schräges Bild, sondern dies wird ganz sicher auch nicht dein neuer Job sein. Wer dich aufgrund dessen knallhart aussortiert, macht einen guten Job.

👉 Tipp: Die Jobbörse Stepstone bietet einen kostenlosen Gehaltsplaner nach Branchen und Positionen an. Hier bekommst du ein gutes Gefühl für Gehaltsniveaus und deinen Marktwert.

4. Benutzerunfreundliche Eingabemasken für Lebenslauf & Co.

Du hast Tage und Nächte mit der Erstellung deines schicken Lebenslaufs verbracht und bist stolz auf das Ergebnis, sollst aber nun deinen gesamten Werdegang nochmal in die Onlinemasken im Bewerbungsportal eingeben. Fein säuberlich mit allen Datumsangaben, der korrekten Firmierung deiner Ex-Arbeitgeber und natürlich allen Abschlüssen, Zertifikaten und einer Bewertung deiner Sprachkenntnisse. Zwischendurch stürzt das System ab und alle Eingaben sind futsch. Du bist seit 25 Jahren im Geschäft, kannst aber maximal 3 Stationen einpflegen. Mir erzählen so viele Jobwechsler, dass sie schon einmal ihre Bewerbung aufgrund zu umfangreicher oder nicht funktionierender Eingabemasken abgebrochen haben.

Liegt dir wirklich etwas an einer Ausschreibung und du verzweifelst am schlecht programmierten Bewerber-Management-System, dann brich nicht einfach ab, sondern schreibe eine E-Mail oder rufe dort an und schildere deine Erfahrungen. Kein Arbeitgeber kann solch eine „Candidate Experience“ heute ignorieren und ist womöglich sogar dankbar über dein Feedback. Frage nach, ob du dich auch per E-Mail mit deinen Unterlagen als PDF-Anhang bewerben kannst. Lautet die Antwort „Nein“, kannst du immer noch überlegen, ob du in diesem Unternehmen wirklich arbeiten möchtest.

5. Keine Reaktion nach Eingang der Bewerbung

Dies ist der Fakt, der Bewerber verständlicherweise zu Beginn des Bewerbungsprozesses am meisten auf die Palme bringt. Es kommt noch die automatische Eingangsbestätigung in der Sekunde nach dem Upload der Unterlagen und dann herrscht für Wochen und manchmal sogar Monate Funkstille. Neulich sagte mir ein Klient mit viel Bewerbungserfahrung: „Ich habe eines in den letzten Monaten gelernt: Wenn innerhalb von 14 Tagen keine Einladung zum Gespräch kommt, dann wird das nichts mehr.“ Ich halte nicht viel von derart pauschalen Regeln, doch womöglich ist an seiner Erfahrung etwas dran.

Ich frage mich, was in Zeiten von digitalem Bewerber-Management-System Arbeitgeber daran hindert, jederzeit Klarheit über den Stand des Bewerbungsprozesses sowie den weiteren zeitlichen Ablauf zu schaffen. Von vielen Jobwechslern höre ich, dass sie nicht einmal eine Absage erhalten oder mit der Eingangsbestätigung erfahren „Hören Sie nichts mehr von uns, dann passte es nicht„. Ein Verhalten, das wenig wertschätzend ist, schließlich stecken Bewerber viel Energie in eine Bewerbung und interessieren sich für ein Unternehmen als Arbeitgeber.

Gib Arbeitgebern drei bis vier Wochen Zeit, um Unterlagen zu sammeln und zu sichten bzw. warte die offizielle Bewerbungsfrist ab. Hörst du nichts und hast noch ein starkes Interesse an diesem Job, dann frage freundlich nach, wie der Stand im Auswahlprozess ist. Viele Bewerber berichten mir, dass sie dann postwendend die Absage erhalten, weil sie vermutlich den Recruiter erinnert haben, dass noch etwas offen war. Doch auch hier gilt aus meiner Sicht: Besser Klarheit schaffen, als Unsicherheit frustriert zu ertragen.

6. Persönlichkeitstests vor dem ersten Gespräch

Du hast es geschafft und erhältst eine Einladung zum ersten Vorstellungsgespräch. In der E-Mail der Link zu einem Persönlichkeitstest, den du bitte vor dem Gespräch absolvieren magst. Ein Aufreger für viele Bewerber, weil es Neuland für sie ist und sie verunsichert, was ein Arbeitgeber über das Testergebnis schwarz auf weiß ausgespuckt bekommt, noch bevor sie sich zum ersten Mal zu Gesicht bekommen haben. Nicht, dass ans Licht kommt, welche psychologischen Leichen auch du im Keller liegen hast und wie du wirklich tickst. Viele Bewerber fragen mich im Coaching, ob sie den Test ehrlich beantworten oder bei jeder Frage überlegen sollten, welche Erwartung eines Arbeitgebers sich wohl dahinter verbirgt.

Wenn du mich schon länger kennst, dann weißt du vielleicht, dass ich kein Fan von Persönlichkeitstests bin. Die Ergebnisse kommen immer aus der Black-Box und sie verleiten dazu, Menschen vorschnell in Schubladen zu stecken. Mal sind es Farben (ich bin wohl eine blau-rote Mischung), mal die Kombination aus Buchstaben.

So unsinnig ich und vielleicht auch du Persönlichkeitstests zu diesem frühen Zeitpunkt im Bewerbungsprozess empfinden, wirst du auch dieses „Spiel“ mitspielen müssen, um den im Unternehmen definierten Recruitingprozess ordnungsgemäß zu durchlaufen. Rege dich nicht darüber auf – was vielleicht sogar Einfluss auf das Ergebnis hat, sondern nutze diesen Schritt, um deinem potenziellen neuen Arbeitgeber wirkliche Einblicke in deine Persönlichkeit und Stärken zu geben. Beantworte die Fragen ehrlich ohne falsches Spiel. Nicht nur, dass du dich später im Gespräch passend hierzu zeigen musst, gute Tests sind zudem so gestrickt, dass inkonsistentes Verhalten auffliegt. Bekommst du das Testergebnis nicht zugeschickt, dann darfst du im Gespräch hiernach fragen und du solltet die Ausprägungen auch gemeinsam mit der Recruiterin oder dem Recruiter besprechen.

7. Junge Recruiter:innen mit wenig Lebenserfahrung

Dies ist ein Aufreger insbesondere für berufserfahrene Bewerber Ü50. „Das Mädel/der Jungspunt hat doch gar keine Ahnung von dem Job und wie es da draußen wirklich zugeht und soll jetzt über meine berufliche Zukunft entscheiden!?“ Glaube mir, an dieser Stelle wird es auch mal lauter bei mir im Büro. Insbesondere dann, wenn ich erfahrene Vertriebstypen und echte Macher vor mir sitzen habe, die sich gegenüber 22-jährigen Recruiterinnen frisch aus dem Bachelor-Studium fehl am Platz fühlen.

Ja, ich kann das verstehen und bin auch der Meinung, dass das Durchschnittsalter der Mitarbeitenden im Recruiting in vielen HR-Abteilungen zu jung ist. Recruiting erfordert mehr als systematisches Abgleichen von Anforderungen mit Lebensläufen und Abspulen auswendig gelernter Standardfragen im Gespräch – dazu komme ich ja gleich noch. Erfahrungswissen aus Berufserfahrung, Empathie, Menschenkenntnis sowie vor allem Lebenserfahrung halte ich für absolut notwendig, um als guter Recruiter mit Bewerbern aller Altersklassen auf Augenhöhe zu sein.

Was kannst du als Bewerberin oder Bewerber tun? An der Tatsache an sich wie in fast allen Fällen in diesem Beitrag erst einmal nichts. Daher lohnt es sich auch hier nicht, darüber zu schimpfen, sondern du solltest die Konsequenzen für dein zukünftiges Verhalten im Gespräch mit Recruitern klären. Ich finde es wichtig, auch jüngeren Recruitern eine echte Chance zu geben, doch solltest du im Gespräch das Gefühl haben, dein Gegenüber nicht ernst nehmen zu können, dann solltest du einen Plan hierfür in der Tasche haben. Du kannst es offen ansprechen und darum bitten, dass ein erfahrener Mitarbeiter am Gespräch teilnimmt oder du kannst dich dafür entscheiden, nichts hierzu zu sagen und die Situation anzunehmen. Ja, beide Varianten sind in der Rolle als Bewerber nicht der Traum, doch sich im Anschluss darüber aufzuregen, ist keine Lösung.

8. Standardfragen im Bewerbungsgespräch

„Warum sollten wir uns denn ausgerechnet für dich entscheiden?“ – „Was sind deine drei größten Schwächen?“ und „Wo siehst du dich in 5 Jahren?“. Es ist für mich immer wieder erstaunlich zu hören, dass in vielen Bewerbungsgesprächen immer noch solche Standardfragen abgefeuert werden. Ich frage mich, ob die Liste der Fragen von Generation zu Generation Recruiter vererbt wird (das haben wir immer schon so gemacht) oder ob Personaler der Meinung sind, über die auswendig gelernten Antworten auf solche Standardfragen wirklich etwas über den Menschen ihnen gegenüber zu erfahren.

Ich verstehe, dass insbesondere Konzerne Standards in Prozessen lieben  und womöglich zur Gerechtigkeit und Gleichbehandlung in ihrem Recruiting-Prozess auch benötigen. Doch es macht einen Unterschied, ob Personaler platt Fragen stellen, weil sie im Prozess exakt so definiert sind, auf einer Liste stehen und die Antworten protokolliert später in die Personalakte wandern, oder ob sie diese Fragen stellen und sich wirklich für den Menschen ihnen gegenüber interessieren. Denn natürlich ist es wichtig, etwas über die Stärken und Entwicklungsfelder, die echte Wechselmotivation und beruflichen Ziele eines Menschen in der Rolle als Bewerber zu erfahren.

Bewerte solche Standardfragen nicht vorschnell genervt als fiese Fangfragen, sondern gehe davon aus, dass ein Personaler vor dir versucht, seinen Job gut zu machen. Entweder uninspiriert und nicht wissend, anders mehr über dich zu erfahren oder aber genauso als Teil eines Prozesses, an dessen exakter Einhaltung sie oder er gemessen wird. Doch falls die Dichte der Standardfragen im Gespräch für deinen Geschmack zu hoch ist und so gar keine gute Gesprächsatmosphäre aufkommen will, dann steht es dir auch hier frei, zu entscheiden, das Frage-Antwort-Spiel über dich ergehen zu lassen und auf die nächste Runde zu hoffen, oder aber du thematisierst es im Gespräch und versuchst, von deiner  Seite für mehr echten Dialog zu sorgen.

9. Fragen nach Familienstand oder Kinderwunsch

Ja, auch offensichtlich verbotene Fragen werden immer noch gestellt, wie ich häufiger von Frauen als von Männern erfahre. Manchmal direkt offen heraus, manchmal auch verdeckter durch die Blume. Ich bin immer wieder neu erstaunt, wenn ich hiervon im Coaching erfahre. Und wer denkt, dies komme nur im kleinen Familienbetrieb hinter den sieben Bergen vor, dessen 80-jähriger Inhaber nie etwas vom AGG gehört hat, der irrt gewaltig. In meiner Wahrnehmung sind es vielmehr die Arbeitgeber großer Marke, die sich solche Machtspielchen in den Gesprächen mit verunsicherten Kandidaten erlauben.

Auch hier gilt umso klarer: Du entscheidest, ob und wie du auf solche Fragen reagierst. Ich erlebe Bewerber, denen es nichts ausmacht, offen und ehrlich über ihr Privatleben Auskunft zu geben oder denen es sogar wichtig ist, dass ein Arbeitgeber über das Alter ihrer Kinder oder ihren Lebensstil informiert ist. Möchtest du nicht darüber sprechen, dann darfst du die Antwort verweigern: „Hierauf muss und möchte ich nicht antworten und frage mich zudem, warum dies für die Besetzung der Position für Sie wichtig ist„. Statt dich über die verbotene Frage aufzuregen, solltest du für dich bewerten, was diese Praxis im Bewerbungsgespräch womöglich auch über die Kultur im Unternehmen aussagt.

10. Befristung als verlängerte Probezeit

Viele Arbeitgeber befristen Verträge neuer Mitarbeiter auf zwei Jahre. Ich spreche hier nicht von befristeten Elternzeitvertretungen oder Projekten mit befristeter Dauer oder Finanzierung. Die Befristung (ohne Grund) auf zwei Jahre dient Arbeitgebern vor allem als Hintertürchen zur Verlängerung der 6-monatigen Probezeit. Ich persönlich kann dieses Vorgehen bei gleichzeitigem Jammern über einen Fachkräftemangel nicht nachvollziehen. Zudem sollte jeder Arbeitgeber nicht nur aus Kostengründen ein hohes Interesse daran haben, gute Mitarbeitende zu binden. Denn ob sie einen guten Job machen und ob dies auch der richtige Arbeitgeber für die nächsten Jahre ist, das lässt sich beiderseitig eindeutig innerhalb von 6 Monaten Probezeit erkennen.

Doch auch hier gilt: An dieser meist unternehmenseinheitlichen Befristungspolitik wirst du als Bewerberin oder Bewerber selten rütteln können. Kläre, was der genaue Hintergrund der Befristung ist. Geht es lediglich darum, dass sich ein Arbeitgeber zwei Jahre überlegen möchte, ob du einen guten Job machst („Das ist hier bei neuen Verträgen immer so“) und in diesem Fall der Vertrag mit hoher Wahrscheinlichkeit später entfristet wird, dann sieh es eher als formalen Akt, statt als hohes Risiko. Ich empfehle an dieser Stelle immer die folgende Frage an deine zukünftige Führungskraft im Vorstellungsgespräch: „Woran werden Sie in 6 Monaten konkret festmachen, dass ich hier einen guten Job mache?“ Stimmen die Erwartungshaltungen von euch beiden überein und traust du dir selbst zu, dort einen guten Job zu machen, dann ist dies eine gute Basis.

Sicherlich kann eine Befristung auf zwei Jahre dazu führen, dass du bei notwendigen Kosteneinsparungen oben auf der Kündigungsliste stehst und dein Vertrag einfach nicht verlängert wird. Doch auch ohne die Befristung wäre eine betriebsbedingte Kündigung jederzeit möglich und trifft nun einmal häufiger jene, die zuletzt in ein Unternehmen gekommen sind. Es ist müßig, zum Zeitpunkt der Bewerbung in Horror-Szenarien zu denken, dass du bei einem befristeten Vertrag nach zwei Jahren ganz sicher wieder im nächsten Bewerbungsprozess stecken wirst. Schaffe Klarheit über alles, was dir Sicherheit für diese Jobentscheidung gibt und entscheide dich am Ende auch, wie hoch die Aussichten auf einen unbefristeten Vertrag bei einem anderen Arbeitgeber sind.

11. Absage mit Standardfloskeln ohne Feedback

Zum Schluss ist dies immer wieder ein Aufreger vor allem für jene Bewerber, die bereits gute und persönliche Gespräche geführt haben. Die Absage flattert ins Postfach mit der lapidaren Begründung „Danke für dein Interesse an einer Mitarbeit … tut uns leid … wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden, dessen Profil noch besser zu den Anforderungen der Position passt … und alles Gute für die Zukunft.“ Wer im Unternehmen nach den konkreten Gründen oder einem Feedback zum Gespräch fragt, erhält meist keine Antwort.

Ja, im Bewerbungsprozess aus dem Feedback der Gegenseite zu lernen, das ist heute nahezu unmöglich. Zu groß ist die Angst von Arbeitgebern, auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) von abgewiesenen, sich diskriminiert fühlenden Bewerbern verklagt zu werden.

Absagen gehören zum Bewerbungsprozess dazu. Ich finde es völlig ok und auch wichtig, ein paar Tage nach einer Absage um den Traumjob zu trauern und vielleicht auch wütend auf sich selbst oder die Umstände zu sein. Doch es bringt nichts, darüber zu schimpfen, kein Feedback oder den wahren Grund für die Absage nicht erfahren zu haben. So ist das heute. Dennoch empfehle ich jedem Bewerber, der in mindestens einem Gespräch war und damit Ansprechpartner persönlich kennt, nach einem Feedback zu fragen. Vielleicht hast du Glück und erfährst etwas, das dir im nächsten Gespräch hilft.

Raus aus der Opfer-Haltung! Als Jammerer hast du im Bewerbungsprozess keine Chance

Dein Erfolg als Bewerberin oder Bewerber ist in erster Linie eine Frage deiner eigenen Haltung. Sitzen mir Bewerber gegenüber, die ihre Zeit mit mir im Coaching lieber damit verbringen, um über ihre verständlicherweise frustrierenden Erfahrungen mit Arbeitgebern der letzten Monate zu schimpfen, dann tut es ihnen in diesem Moment zwar gut, einen neutralen Zuhörer eingekauft zu haben, doch auch im nächsten Bewerbungsprozess werden sie wieder die Bestätigung dafür erhalten, dass alle Arbeitgeber schlecht und Recruiter gemein zu ihnen sind. Du kannst es dir vermutlich bereits denken: So wird das nichts mit dem neuen Job. Oder würdest du dich mit dieser Haltung als neuen Kollegen einstellen?

Nutze deine Energie positiv im Bewerbungsprozess

Verplempere deine Ressourcen nicht, um dich über solche dummen Recruiting-Fails oder getroffene Entscheidungen zu echauffieren. Nutze deine Kraft als Bewerber stattdessen, um darauf Einfluss zu nehmen, was du tatsächlich gestalten kannst: Deine eigene Klarheit über den nächsten sinnvollen Schritt im Beruf, die zu dir passenden Positionen und Arbeitgeber, deine Bewerbungsunterlagen mit klarem Profil sowie deine richtige innere Haltung als Vorbereitung guter Gespräche auf Augenhöhe. Beklage nicht hilflos die Umstände, sondern steuere und gestalte das, worauf du im Bewerbungsprozess in deiner Rolle direkten Einfluss hast.

Mit den hier beschriebenen 11 Verhaltensweisen von Arbeitgebern werden Jobwechsler wahrscheinlich in vielen Organisationen noch einige Zeit leben müssen. Doch du als Bewerberin oder Bewerber kannst jederzeit frei entscheiden, ob du einen Bewerbungsprozess als Opfer der Umstände über dich ergehen lässt, oder ob du das Kennenlernen zwischen dir und einem potenziellen neuen Arbeitgeber selbst bewusst mitgestaltest. Denn womöglich macht so deine nächste Bewerbung auch schon wieder mehr Freude.

Was hast du im Bewerbungsprozess schon alles erlebt und wie bist du damit umgegangen? Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen unten als Kommentar. 

(Titelbild generiert mit OpenAI’s Dall-E)

Ich freue mich, wenn Sie diesen Beitrag in Ihren Netzwerken teilen.

Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Weitere Beiträge zum Thema:

Dieser Beitrag hat 17 Kommentare
  1. 11. Alte Online-Bewerbermanagementsysteme,

    bei denen man jede einzelne Station seines Berufslebens noch einmal gesondert eintragen muss (Pflichtfelder!), obwohl man den Lebenslauf schon hochgeladen hat. Besonders ärgerlich: Drop-down-Auswahlfelder für Tag, Monat, Jahr, von/bis. Ich hatte neulich sogar ein System, bei der man bei jeder beruflichen Station zusätzlich angeben musste ob mit oder ohne Berufserfahrung (Pflichtfeld!). Der Sinn dabei erschließt sich mir absolut nicht, da – wenn überhaupt, ja nur die allererste Station des Berufslebens ohne Berufserfahrung ist….! Und bei Vergessen nur eines Pflichtfeldes, war der ganze Eintrag wieder weg!!!
    Das klaut wertvolle Lebenszeit liebe potentielle Arbeitgeber!!!

    1. Oh ja, eine gute Ergänzung, vielen Dank. Ich kenne Bewerber, die den Prozess aufgrund der komplizierten und inflexiblen Eingabemasken sogar abgebrochen und sich am Ende nicht beworben haben – und vermutlich sind dies ausgerechnet dann oft auch noch die Guten ;) Viel Erfolg Ihnen!

      1. Ich habe schon etliche Bewerbungsformulare abgebrochen, wenn es mir zu lang vorkam. Oder ich musste trotz 5 Seiten Formulare trotzdem noch ein komplettes Anschreiben, Lebenslauf beifügen etc…
        Auf einer bekannten großen Plattform war das Anschreiben nicht verpflichtend. Keine Stunde später nach der Absendung der Bewerbung kam eine Mail von der Firma, sie müsse ein Anschreiben haben. Gedanklich war ich schon längst bei anderen Sachen. Ich habe ein liebloses Anschreiben geschrieben, die Bewerbung habe ich einige Tage aber dann wieder zurückgezogen.

        1. Die Gefahr bei solchen automatisierten Online-Bewerbermanagementsystemen ist auch für mich als ü50erin, dass ich vom System eh vollautomatisch aufgrund der Geburtsdatumsangabe aussortiert werde, ohne dass je ein Mensch meine Bewerbung zu Gesicht bekommt. Hmmm… ob ich mich mal vertippe, und aus 1968 ein 1986 mache? Kann ja passieren :-))))

  2. 1. Es ist oftmals verwirrend. Meine erste Firma hat zum Beispiel als ERP System das Programm IFS verwendet. Das wird in Deutschland nicht verwendet. Für alle Firmen im kfm. bin ich damit aus dem Rennen, denn sie wollen alle MS Navision Dynamics haben oder SAP. Mit dem IFS System können die meisten nichts anfangen und wenn man nur schreibt ERP dann wird man auch sortiert, das ist zu allgemein.
    Mein dritter Arbeitgeber eine Open-Source freiprogrammiertes ERP gehabt.
    Oder soll ich dem Fall lügen? Kommunikationsstärke habe ich als IT Support Mitarbeiter seit drei Jahren auf jeden Fall, aber wahrscheinlich ist das für meisten Firmen zu kurz (ideal wären 20 Jahren Berufserfahrung)

    Zu 2. Soll ich mir irgendein Geschwätz von einer Person, die am Telefon nicht vorbereitet ist auf diese Frage und die mich zu 20 Personen eventuell durchverbindet? Nee, keine Lust. Wenn Stellenanzeigen wieder auftauchen, denke ich die Firmen suchen einen ganz speziellen Kandidaten und dann lieber dauert die Suche halt 5 Jahre bis der Idealkandidat auftaucht.

    Zu 4. Nach 4 Wochen habe ich auch kein Interesse mehr an keiner Stelle. Interessierte Leute melden sich sofort bzw. zeitnah, gilt in der Liebe als auch im Beruf.

    Zu 6. Ist in Belgien bei Stadtverwaltungen ganz beliebt. Ist nichts schlimmes. Man spart sich Reisekosten gegebenenfalls.

    Zu 7. Diese Art der Fragen habe ich bislang nur in einem Gespräch in den letzten 6 Jahren gehabt.

    Zu 8. Gehalt: In manchen Firmen soll man das Geld noch mitbringen, anstatt dass ich Geld bekomme. Ich gebe hier etwas an und wenn es bei der Firma auf keine Gegenliebe stößt, kein Problem. Es gibt noch andere Firmen.

    Zu 10. Heutzutage Standard. Kein Personaler möchte sich mit einem in Linkedin vernetzen. Viele Firmen hinterlassen keinen guten Eindruck und man kann echt froh sein, dort nicht arbeiten zu müssen, wenn es schon im Bewerbungsverfahren so negativ klasse abläuft. Sehr vielen Firmen ist die Außenwirkung immer noch nicht klar. Jede Firmenvertreter denkt, der abgesagte Bewerber oder der Bewerber, der keine Absage erhalten hat, plaudert positiv über die Firma, dabei wird negativ über die Firmen geäußert, auf diversen Plattformen. Das blöde ist nur, die guten Leute, die viel können, viel Erfahrung mit sich bringen, werden dadurch abgeschreckt.

  3. Gute Zusammenfassung der aktuellen Lage.Ich kann alles nachvollziehen und bestätigen, das mit den jungen Recruitern aber nicht. Klar, dass könnte mein Sohn oder meine Tochter sein, die ihren Start im Berufsleben bewältiget. Das Verhalten der Generation Z ist anders als meines, was ich als erfolgreicher Macher und kompetente Führungskraft aus der Generation X bedienen können muss, ansonsten habe ich den einfachsten Social Skill Test nicht bestanden. Oder meinen Sie die Kollenen in den anderen Abteilungen sind älter?
    Nerviger ist eher, dass Lebensläufe von Algorithmen gescannt werden, die eine breite, fundierte und langjährige Erfahrung (aus welchen Gründen auch immer) aussortieren.

  4. Zu 3:

    Ein „du“ in der Bewerbung ist für mich ein Grund, mich nicht zu bewerben, weil hier eh nur junge Menschen angesprochen werden sollen. Ich finde es ein Zeichen von Respektlosigkeit, einen Bewerber mit „Du“ anzusprechen. Im Freizeitbereich ist das was anderes. Bei meinem letzten Arbeitgeber haben wir uns auch mit „Sie“ angeredet. Und bei Unterzeichnung des Vertrages bot mir der Geschäftsführer dann das „Du“ an.
    Es wäre aber schon interessant zu erfahren, was passiert, wenn man zum Vorstellungsgepräch eingeladen wird und den Personaler mit „Danke dir für die Einladung“ begrüsst :-)))

    Zu 7:

    Sollte mich irgendwann ein Personaler fragen „Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“ werde ich antworte mit: „Hoffentlich noch am Leben“ oder wahlweise mit „Wenn Sie mich pfleglich behandeln: in Ihrem Unternehmen“ :-))

    Zu 8:

    Hier sind uns die Österreicher einen Schritt voraus. Dort ist seit 2011 die Gehaltsangabe in einer Stellenausschreibung verpflichtend. Sollte man hierzulande auch einführen finde ich! Ist zwar auch nur eine vage Angabe, aber immerhin ein Anhaltspunkt zur Verhandlung.

  5. Lieber Herr Slaghius, vielen Dank für Ihren Beitrag. Leider hat man als Bewerber oft den Eindruck, dass mache Firmen wirklich Alles tun, um keine Bewerber zu finden. Ich jedenfalls vermeide es mich zu bewerben, wenn Eierlegende Wollmilchsäue in dynamischen jungen Teams gesucht werden und das Bewerbungsprocedere dem Aufwand einer Doktorarbeit gleichkommt. Wenn ich dann noch in der Stellenanzeige lese, dass die Firma mit top Gehalt wirbt und mich aber gleichzeitig auffordert, meine Gehaltsvorstellung anzugeben, fühle ich mich komplett verarscht. Die Firmen sollten lieber mal darüber nachdenken, welche Außenwirkung solche Stellenangebote haben, statt über vermeintlichen Fachkräftemangel zu jammern.

  6. Hallo Dr. Slaghuis,
    toller Artikel, dem ich kompromisslos zustimmen kann.

    Zu meiner Person:
    Ich als ü50 arbeite in einem Bereich, der meiner Meinung nach auch in Zukunft weiterhin Experten / Fachkräft benötigten wird. Mein Arbeitsvertrag ist befristet zum 31.12.2020. Daher ist das Thema „Umgang mit Bewerbern“ mal wieder akut und ich möchte hier gerne meine persönlichen, langjährigen HR-Erfahrungen und Strategien teilen.

    Ich behaupte mal, meine Bewerbungsunterlagen sind authentisch, so wie ich mich halt selbst sehe und was MIR wichtig ist. Warum sollte ich das schreiben, was der potentielle Arbeitgeber hören will? Damit tut man sich und dem Unternehmen keine Gefallen. Natürlich ist mir klar, daß die Absage-Quote deutlich höher ist, aber ich bleibe meiner Linie treu.

    — Stellenausschreibungen validieren
    Oft sind Stellenausschreibungen – egal ob auf Job-Portalen oder Unternehmenswebsite – bereits veraltet, oder der Bewerbungsprozess ist schon weit fortgeschritten, daß weitere Bewerbungen nicht mehr berücksichtigt werden.

    Meine Strategie:
    Ich starte einen Testballon via E-Mail:
    Ist die Position aktuell noch vakant? Wie weit ist der Bewerberprozess? Werden verbindlich noch Bewerbungen berücksichtigt?
    Darüber hinaus oft noch ein paar Fragen bzgl. Rahmenbedingungen wie Home-Office, Gleitzeit, etc.

    Sollte das Unternehmen nicht binnen 48 Stunden antworten, bewerbe ich mich erst gar nicht. Auch hier ist meine Einstellung: Ihr sucht jemanden, dann antwortet bitte auch zeitnah wenn sich jemand interessiert.
    Leider habe ich in letzter Zeit mehrfach erlebt, das mir gesagt wurde „Ja, Sie können sich gerne noch bewerben“, aber als meine Unterlagen dann da waren, hieß es „Tut uns leid, wir sind schon weit fortgeschritten und können Ihre Bewerbung nicht mehr berücksichtigen“. > Siehe auch „Umgang mit Bewerbern ü50“

    — Stellenausschreibungen mit Worthülsen-Bla-Bla
    Neben den erwähnten Worthülsen ist derzeit oft zu lesen: Uns interessiert der Mensch, nicht nur sein CV“. Ist einfach gerade nur „hip“. Die Realität sieht aber leider ganz anders aus. HR interessieren in erster Linie „nur“ Hard Skills und Company Fit in „Richtung“ Unternehmen. Also „passt der Bewerber zu uns“ und nicht auch „Passen wir für den Bewerber?“

    Meine Strategie:
    In meinen Bewerbungsunterlagen nimmt der Teil „Wie ticke ich, was ist mir wichtig, was erwarte ich vom Unternehmen, was kann das Unternehmen von mir erwarten“ deutlich mehr Raum ein als mein CV und Zeugnisse.
    Leider gibt es hier keine Garantie, ob es den Aufwand (Recherche über Unternehmens- und Mitarbeiterkultur, Einschätzung Company Fit etc.) wirklich wert ist.

    — Die Stelle wird immer wieder neu ausgeschrieben
    Eine permanent zu besetzende Stelle vermittelt mir einen unseriösen, umprofessionellen Weindruck vom Arbeitgeber. Was läuft da schief? Kündigen die Bewerber alle in der Probezeit? Sind die Rahmenbedingungen und Unternehmenskultur einfach nur schlecht?

    Meine Strategie:
    Sollte ich einmal eine Absage erhalten haben, bewerbe ich mich – wenn überhaupt – mich in der Regel frühestens nach 1 Jahr nochmal (in der Hoffnung, es gibt andere HR-Verantwortliche)

    — Siezen und Duzen
    Auch das Duzen ist aktuell einfach nur „hip“ und passt oft – auch aus Sicht des Bewerbers – nicht zum Unternehmen.

    Meine Strategie:
    Generell ist ein „Du“ oder „Sie“ für mich kein K.O.-Kriterium. Steht in der Beschreibung auch so etwas wie „in unserem jungen, dynamischen Team“ fühle ich mich nicht angesprochen. Auch wenn sich jüngere und ältere MA gegenseitig befruchten können, interpretiere ich da eher einen niedrigen Altersdurchschnitt und bewerbe mich erst gar nicht.

    — Keine Reaktion nach Eingang der Bewerbung
    Die Erfahrung Ihres Klienten „Ich habe eines in den letzten Monaten gelernt: Wenn innerhalb von 14 Tagen keine Einladung zum Gespräch kommt, dann wird das nichts mehr“ kann ich zu 100% unterschreiben. Auch ich erhalte oft nicht einmal eine Absage.

    Meine Strategie:
    Ich frage EINMAL nach 3 Wochen nach, in dieser Zeit muss das Unternehmen in der Lage sein, mir einen verbindlichen Status mit 2 Optionen zu nennen: „Sie kommen in die 2. Runde“ oder „Sie sind raus“. Auf Antworten wie „Geben Sie uns noch etwas Zeit“ reagiere ich dann nicht mehr. Das ist reine Zeitverschwendung. Früher habe ich dann nochmals nach weiteren 2-3 Wochen nachgefragt, wo dann auch prompt die Absage kam. Das wäre dann auch nicht „mein“ Unternehmen gewesen und zeugt von extremer Unprofessionalität.

    — Bewerbungen ausschliesslich über Web-Bewerbungsformulare
    Web-Bewerbungsformulare wie Umantis etc. sind einfach eine Hürde und kein bisschen Individuell. Wenn ich mehrere PDF’s hochladen will, geht das oft nicht und ich muss dann im Vorfeld mehrere PDF Dokumente zu einem zusammenfassen.

    Meine Strategie:
    Ich frage vorab nach, ob ich die Bewerbung auch per E-MAil schicken kann ode – noch besser – ein Link auf meine Website reicht. Wenn das nicht möglich ist, hat das Unternehmen leider schon ein paar Minuspunkte. Da frage ich mich: Wollen die kompetente, nette Leute mit Company Fit oder nicht? Dann lasst mir bitte die Wahl, auch wenn es euch etwas mehr Zeit kostet und nicht „vorgekaut“ ist.

    — Unprofessionelle HR-Abteilungen und -Prozesse
    Nicht nur für junge HR-MA sind nur Hard Skills (CV) und Gehalt entscheidend. Meiner Wahrnehmung und Erfahrung nach ist für 90% der HR-Mitarbeiter Empathie ein Fremdwort – obwohl viele Psychologie studiert haben.
    Ebenso ist kein Interesse an der Persönlichkeit des Bewerbers vorhanden.
    HR will keine andersartigen unkonventionellen Bewerbungen, Querdenker etc. soweit ist man hier in Deutschland leider noch nicht lange nicht. Es herrscht überwiegend Sicherheitsdenken vorhanden und der rote Faden ist nach wie vor gewünscht. Der Fachbereich ist da meist schon „reifer“.

    Die meisten HR-Abteilungen machen eben tatsächlich nichts anderes als die Bewerbungen (welche schon oft „vorgekaut“ und strukturiert in Bewerberportalen wie Umantis vorliegen) nach Benchmarks und Kriterien abzugleichen!

    Wenn man Glück hat, erreicht die Bewerbung vielleicht den Fachbereich. Sonst ist man direkt bei einem K.O. Kriterium im Abgleich raus

    Meine Strategie:
    Unbedingt über Business-Portale wie XING, LinkedIn, HR-Abteilung oder der Unternehmenswebsite den Ansprechpartner und ggf. zukünftigen Vorgesetzten des Fachbereichs herausfinden. Kontakt aufnehmen und so sicherstellen, das die Bewerbung auch ihn erreicht.

    — Standardfragen im Bewerbungsgespräch
    „Warum sollten wir uns denn ausgerechnet für Sie entscheiden?“ – „Was sind Ihre drei größten Schwächen?“ und „Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“.
    Solche „outdated“ Standardfragen kriege ich leider auch heute sehr oft gestellt.

    Meine Strategie:
    Ich kontere mit „Wie Sie sich sicher erinnern, habe ich alle diese Fragen bereits in meinen Bewerbungsunterlagen („Wie ticke ich?“) ausführlich beantwortet.“
    Sollte der Personaler dann eine Floskel aussprechen wie „Ja, habe ich gelesen, ich möchte es aber nochmal gerne von Ihnen persönlich hören“ weiss ich, das er das NICHT gelesen hat, Das zeugt für mich von extrem geringer Wertschätzung für das Interesse an meiner Person. Ich beende dann höflich, aber bestimmt das Gespräch.

    — Rätselraten bei der Gehaltsvorstellung
    Es stimmt, das es eine Budgetierung für jede zu besetzende Position gibt. Was nicht stimmt, ist die Floskel „.. das ist etwas viel und passt nicht in das Gehaltsgefüge gleich qualifizierter Mitarbeiter“. Ich weiss aus eigener Erfahrung, das es bei einem meiner früheren Arbeitgeber bei „gleichen“ Positionen (Erfahrung und Qualifikationen) Gehaltsabweichungen bis zu 40% gab.

    Meine Strategie:
    Der Gehaltsrahmen MUSS für mich geklärt sein, schon bevor ich überhaupt Zeit für die Bewerbung investiere. Eigentlich darf das Gehalt im persönlichen Gespräch kein Thema mehr sein, denn das war im Vorfeld bekannt Sollte dann im Gespräch nochmals drastisch (nach unten) gedrückt werden, gilt auch hier für mich: Freundlich, aber bestimmt das Gespräch beenden.

    — Befristete Arbeitsverträge
    Meine Strategie:
    Befristete Arbeitsverträge sind für mich kein Grund, mich nicht zu bewerben – wenn der Rest stimmt. Denn wie schon geschrieben, ist auch ohne Befristung wäre eine betriebsbedingte Kündigung jederzeit möglich.

    — Kein Feedback nach einer Absage
    Auch ich erhalte zu 95% die üblichen Floskeln. Ich hatte vor kurzem aber auch ein positives Erlebnis vom Fachbereichsleiter eines bekannten Kölner Konzerns. Trotz der Angst, auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verklagt zu werden (was er mir auch gesagt hat) fand er es „das mindeste, ein ehrliches Feedback zu geben.“ Das fand ich sehr wertschätzend und so behalte ich das Unternehmen in positiver Erinnerung. Zumal ich das Feedback auch nachvollziehen konnte.

    Meine Strategie:
    Inzwischen frage ich so gut wie nie nach, da leider zu 95% Floskeln als Antwort.

    — Umgang mit Bewerbern ü50
    Das Alter spielt definitiv eine wichtige Rolle und ist K.O.-Kriterium – auch wenn es nicht ausgesprochen werden darf. Da kann das Anschreiben oder CV oder Referenzprojekte oder sonstiges noch so spannend sein…
    Was ich als ü50 jetzt öfters erlebe: ich werde schon öfters zum persönlichen Gespräch eingeladen, dann aber erfolgt die Absage. Eine gewagte These von mir ist, das bei größeren Unternehmen auch eine gewisse Quote ü50 eingeladen werden muss, nur damit HR z.B. dem Betriebsrat dann sagen kann: „Wir sind nicht altersdiskriminierend, wir haben auch ü50 Bewerber eingeladen, es passte halt dann doch nicht.“ Wie gesagt, gewagte These, aber durchaus vorstellbar. Damit will ich nicht sagen, das in meinem Falle andere Bewerber den besseren „Company Fit“ aus Unternehmenssicht hatten.

    Meine Empfehlung an die HR-Abteilungen:
    1. Behandelt die Bewerber wertschätzend – viele investieren sehr viel Zeit in ihr Anschreiben, um ihre Persönlichkeit und Werte zu kommunizieren. Lest das bitte auch durch!
    2. Haltet die Bewerber auf dem Laufenden. Nach spätestens 3 Wochen solltet ihr ihm proaktiv mitteilen, ob und wie es weitergeht!
    3. Lernt, in den Unterlagen noch mehr zwischen den Zeilen zu lesen, statt immer nur immer nach Lücken im CV zu suchen und danach im Gespräch zu fragen. Je nach Art der Frage nervt das einen Bewerber sehr.
    4. Lasst den Bewerber entscheiden, wie er Euch seine Unterlagen zukommen lassen will (E-Mail, PDF, PPT, Website etc.) Der Bewerber macht sich Mühe und investiert Zeit, das solltet ihr ebenfalls tun. Web-Bewerberformulare (Umantis) sind vielleicht für Euch hilfreich, für den Bewerber aber u.U. nicht. Er kann dort nicht individuell sein, sondern bekommt etwas „vorgeschrieben“. Daher fragt Euch: Wollt ihr kompetente, fähige Leute mit Company Fit? Dann lasst dem Bewerber die Wahl.

    Fazit:
    Erfolg als Bewerber/in ist in erster Linie eine Frage der eigenen Haltung – das stimmt. Nur muss diese Haltung auch „Gehör“ finden, und das tut sie leider immer noch bei recht wenigen Unternehmen.

    Liebe Grüße aus Köln

    @Sabine Kämpfer – Super auf den Punkt gebracht, aber auch alle anderen Kommentare sind echt gut…

    1. Lieber Herr Mittau, vielen Dank für Ihr positives Feedback und die vielen Tipps. Einige davon werde ich auch mal ausprobieren. Ich bin derzeit auch auf Stellensuche und ü50. Ich glaube am wichtigsten ist es, trotzdem positiv zu bleiben und keine negativen Glaubenssätze (ü50 ist zu alt) zuzulassen, was zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist in diesem Haifischbecken. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und allen anderen Suchenden alles Gute und viel Erfolg.

  7. Ich habe mich letztes Jahr bei einem größeren Unternehmen beworben. Der Bewerbungsprozess lief etwas schleppend mit sehr verzögerten Antworten des Arbeitsgebers an, so dass der Abteilungschef die Initiative ergriffen hatte und aus seinem Urlaub heraus ein Bewerbungsgespräch mit mir führte. Dies war auch sehr erfolgreich, es hat von beiden Seiten hervorragend gepasst. In einer zweiten Etappe wurde ich in das Büro für ein Gespräch mit der obersten Chefin eingeladen. Bestandteil war eine Testmischung aus Eignungs-, Persönlichkeits- und IQ-Test. Die Ergebnisse besprachen wir umgehend, hier wurde mir gezeigt, dass ich insbesondere beim Intelligenzteil äußerst gut abgeschnitten hatte.

    Im Bewerbungsverfahren befanden sich noch weitere Teilnehmer und so wartete ich auf eine abschließende Antwort per Email. Ich hatte eine feste Frist gesetzt, da ich mich (erfolgreich) noch an anderer Stelle beworben hatte und dort eine Entscheidung treffen musste. Diese Frist wurde vom Arbeitgeber verstrichen, eine direkte Kontaktaufnahme am Fristtag (Freitag) per Telefon (ich hatte die Handynummer der Chefin ausdrücklich hierfür erhalten) war erfolglos. In der Woche darauf erhielt ich Montag morgen per Email eine Absage. Begründung: aufgrund der Testergebnisse sei ich zu intelligent für diese Stelle (es handelte sich um eine recht anspruchsvolle Beratungstätigkeit)

    Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Der Abteilungsleiter hatte sich später bei mir persönlich für die Absage entschuldigt, er konnte die Entscheidung der Chefin auch nicht nachvollziehen.

  8. Einiges kann ich bestätigen:
    zum Beispiel, selbst auf Anfrage, keine Nachricht zum Bewerbungsstatus an mich als Bewerberin zu erhalten.

    Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, GeschäftsführerInnen, HR-MangerInnen, Bereichs-, Vertriebs-, Schicht-, Abteilungs- und TeamleiterInnen dieses Landes:

    Der wertschätzende Umgang mit Bewerberinnen und Bewerbern ist auch ein Vertriebsprozess nur auf anderer Ebene und nicht an Umsatzzahlen und/oder den DB II gekoppelt.
    Die damit erzielte Außenwirkung des Unternehmens ist ebenso wichtig, wie ein stabiles Vertriebsteam, ein guter Umsatz und zufriedene Kunden!

  9. Seitdem ich mich nur noch ohne Foto bewerbe, erhalte ich tatsächlich auch mal Antworten in Form von Absagen auf meine Bewerbungen. Ich vermute, die Personaler haben immer gedacht, ich hätte kein aktuelles Foto beigelegt. Dabei kann ich nichts dafür, dass mich die meisten Leute 20 Jahre jünger schätzen. Aber mein Alter und die Optik auf dem Foto halt nicht zusammenpassen, kann ich ja nur eine schlampige Bewerberin sein.

    Aber auch ohne Foto bekomme ich nicht immer Antwort. Vor nun schon fast zwei Jahren habe ich mich auf eine perfekt passende Stellenausschreibung beworben. Nach einer recht langen Wartezeit habe ich telefonisch angefragt und habe erfahren, dass meine Bewerbung noch gar nicht gelesen wurde. Das wollte der aber zeitnah nachholen und sich bei mir melden. Kurz darauf hat der mir per Mail mitgeteilt, dass er meine Bewerbung nun gelesen habe und sich demnächst bei mir meldet. Darauf „warte“ ich noch immer. Die Stelle hatte ich allerdings schon nach dem Telefonat abgehakt.

    Vor ein paar Monaten hatte ich wieder eine passende Stellenausschreibung gefunden – in der Du-Form.
    Ich gehöre da auch zu den Unsicheren, ob und wie ich mich darauf bewerben soll.
    Mir ist es schließlich gelungen, meine Bewerbung komplett ohne eine „Du“ oder „Sie“ Anrede zu formulieren. Es hat immerhin zu einem telefonischen Vorstellungsgespräch geführt.

    Worüber ich mich vor kurzem aufgeregt habe, ist eine Plattform, die auch im TV beworben wird. Ich weiß nicht, ob ich den Namen hier nennen darf, daher lasse ich es.
    Jedenfalls wollte ich das mal ausprobieren, habe mich angemeldet und zwei, drei Sätze in meinem Profil geschrieben. Meinen Lebenslauf habe ich nicht dort eingestellt.

    Dennoch bekam ich mehrere Anfragen von Unternehmen, die mein Profil interessant fanden und mich deshalb dazu aufgefordert haben, mich auf deren ausgeschriebene Stelle zu bewerben.
    Diese Stellenausschreibungen waren eigentlich alle gleich.
    „Wir suchen eine Assistentin!“, oder „Wir suchen jemand im Homeoffice!“
    und weiter
    „Ist dieses Stellenangebot für Sie interessant, dann bewerben Sie sich.“

    Ich habe jedes Mal nachgefragt, worum es denn genau geht, womit sich das Unternehmen überhaupt beschäftigt, welche Aufgaben auf mich zu kämen etc.
    Eine Antwort habe ich nie erhalten.
    Beim Letzten habe ich dann gefragt, ob der sich denn selbst auf ein solches inhaltsloses Stellenangebot bewerben würde.
    Seine Antwort war, dass diese Vorgehensweise mit dem Betreiber der Plattform so abgesprochen und somit auch in Ordnung sei.
    Mein Profil habe ich daraufhin gelöscht. Denn was nützt mir eine solche Plattform, wenn ich nicht einmal auf Anfrage eine aussagekräftige Stellenbeschreibung erhalte! Zumal von mir ja auch eine aussagefähige Bewerbung erwartet wird.

    Worüber ich mich wahrscheinlich immer aufregen werde, sind diese 0815 Absagen und der 0815 Verweis auf dieses allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, aus Angst man könne mich sonst diskriminieren. Denn erst durch diesen Verweis fühle ich mich tatsächlich diskriminiert.

  10. Da gibt es noch mehr als die genannten Punkte.
    12. Überschwemmen der Jobanzeigeseiten mit immer der gleichen Ausschreibung bei unterschiedlichen Stadtnennungen!
    13. Das die „Benefits“ zu erst genannt werden und dann kaum noch etwas zur Stelle kommt!
    14. Die Nennung von Obstkorb und/oder Job-Fahrrad als Anreiz!
    15. Gespräche mit Personen, die mir zu der Position, den Aufgaben und/oder wie bis dato dort gearbeitet wird, nichts sagen können.
    16. Unternehmen, die erst alles zusagen und dann im Vertragswerg was ganz anderes schreiben!
    17. Unternehmen, die etwas Neues wollen, aber Veränderungen ablehnen.

    Wenn ich noch etwas darüber nachdenke, fällt mir bestimmt noch mehr ein.:)

    1. Ich ergänze kurz (Personalerin):
      18. Stellenanzeigen nur dort schalten, wo sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemand findet.

      19. Benefits, die nicht nur auf der Karriereseite sondern auch explizit in der Stellenausschreibung genannt werden, im persönlichen Gespräch direkt wieder streichen -> allen voran: das Homeoffice

      20. Fragen zum Lebenslauf stellen, deren Antwort sich exakt aus dem Lebenslauf ergibt.

      21. Als zukünftige/r Vorgesetzte/r keine zielgerichteten Auskünfte zum entsprechenden Stelleninhalt und -ausrichtung geben können oder plötzlich völlig andere Inhalte benennen.

      22. Rechtswidrige Rahmenkonditionen nennen (bspw. mehr Betriebsurlaub ausweisen als rechtlich möglich; tarifvertragliche Arbeitszeit hochsetzen, obwohl das nur auf Wunsch des ArbN geht; niedrigere Eingruppierung in der Probezeit). Da fragt man sich dann auch gerne, was der Betriebsrat so den lieben langen Tag in diesem Unternehmen macht.

      23. In Erstgesprächen bereits auf erforderliche und erwartete Überstunden hinweisen und Diskussionen über die vom Bewerber angebotene Arbeitszeit starten. „Wir haben aber 40 Stunden als Vollzeit!“

      24. Sich als Recruiter nicht an die selbstgesetzten Rückmeldungfristen halten.

      25. Zusage für ein Zweitgespräch geben, dieses aber nie terminieren und Nachfragen lapidar vertröstend beantworten (Wir sind noch in der Auswahl.).

      26. Floskel in Eingangsbestätigung eines sehr bekannten, deutschen Konzerns „Sollten wir [für die Rückmeldung] zu lange brauchen, geben Sie uns gerne einen Hinweis.“ (Spitzen Idee: einfach die Bewerber den eigenen Job machen lassen.)

      27. Sich in Vorstellungsgesprächen von Minute eins über den/die deutlich qualifizierte/nund berufserfahrene/n Bewerber/in stellen.

      28. Krude Interpretationen von „flexibler Arbeitszeit“. (bspw. Gleitzeit mit Kernarbeitszeit von 9-16 Uhr)

      29. to be continued….

      Bei all den Gesprächen, die ich im letzten Jahr geführt habe, hatte ich nicht einmal den Eindruck, dass irgendein Arbeitgeber wirklich um Mitarbeiter bzw. Bewerber „kämpft“. Es herrscht immer noch die allgemeine Haltung der mächtigen Arbeitgeber und der dümmlichen Bewerber als Bittsteller – gepaart mit nicht oder nicht ausreichend qualifizierten Personalern. Insbesondere im Bereich produzierendes Gewerbe herrschen stock konservative Denkmuster nachwievor vor. Für mich unbegreiflich.

  11. 1. Ghosting. So gut wie kein Unternehmen oder Recruiter/Headhunter macht sich die Mühe, den Kandidat*innen, die nicht berücksichtigt wurden, eine Absage mitzuteilen, geschweige denn mit Begründung.
    Meine Erfahrung ist zu 100%, wenn man nichts mehr hört, dann ist man raus. Fragt man nach, dann kommt manchmal, aber nicht immer, eine nichtssagende Antwort, man habe sich für einen anderen Bewerber entschieden oder die Stelle sei jetzt doch intern besetzt worden.
    2. Qualität des Candidate Sourcing: Seit Anfang 2024 erhalte ich Anfragen von Headhuntern zu fast 100% nur noch von Indern und Inderinnen. Es scheint, dass die Headhunting-Firmen in UK letztes Jahr massiv Personal abgebaut haben und jetzt das Personal für das Candidate Sourcing in Indien wieder aufgebaut haben.
    Vorher waren das in der Regel junge Engländer/innen mit Mitte 20, jetzt sind es junge Inder/innen, deren Qualität aber sehr schwankend ist. Es sind passende Anfragen dabei, aber auch sehr viel unpassendes, z.B. wurde mir ein Job in Polen angeboten. Anscheinend wusste der indische Recruiter nicht, dass das Gehaltsniveau in Polen deutlich unter dem in Deutschland liegt und dass man damit Kandidaten aus Deutschland eher nicht nach Polen locken kann.
    3. Keine Nennung der Gehaltsbandbreite oder absolut unrealistische Gehaltsbandbreiten. Ich bin ein Senior Professional mit langjähriger Berufserfahrung und möchte nicht meine Zeit mit Bewerbungen für Stellen verschwenden, die lediglich ein Junior-Gehalt anbieten.
    Neulich wurde mir erst auf Nachfrage ein Gehalt genannt, das ungefähr die Hälfte von dem ist, was ich derzeit verdiene. Klar ist, dass das für mich und viele andere Bewerber uninteressant ist.
    4. Datenschutzverstöße: Lebensläufe oder der Name werden von Headhuntern an das suchende Unternehmen weitergeleitet, obwohl ich mein Einverständnis nicht dazu gegeben habe. Neulich hatte ich ein Vorgespräch mit einer indischen Recruiterin, und diese hat meinen Namen an das suchende Unternehmen weitergegeben, ohne dass ich zugestimmt hatte. Ich konnte das daran sehen, dass der Hiring Manager auf meinem LinkedIn-Profil war, was eher kein Zufall sein kann.
    5. Verstöße gegen Vertraulichkeit: Nahezu alle Headhunter fragen nach dem aktuellen Gehalt. Wenn man das nennt und um Vertraulichkeit bittet, dann muss man sich darauf verlassen können, dass dies gegenüber dem Auftraggeber auch vertraulich bleibt. Leider halten sich nicht alle Headhunter daran.
    6. Persönlichkeitstests: meine Erfahrung damit ist, dass Unternehmen, die so etwas einsetzen, gemieden werden sollten. Es handelte sich nach meiner Erfahrung zu 100% um irgendwie „seltsame“ Unternehmen mit merkwürdiger Unternehmenskultur.
    7. Bescheuerte Fragen: Ein Unternehmen, das im Vorstellungsgespräch nach der größten Schwäche fragt, hat den Schuss nicht gehört. Wer erwartet ernsthaft, daraus irgendwelche sinnvollen Erkenntnisse über die Bewerber/innen zu erhalten?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert