Soft Skills trainieren: So verbessern Sie Ihre sozialen Kompetenzen

Soft Skills werden immer bedeutender für den Erfolg im Beruf. Erlerntes Fachwissen und Methoden-Kompetenz sind nur die halbe Miete. Denn stimmen Ihre Haltung und Beziehung zu sich selbst und zu anderen nicht, bringen Sie Ihr 1,0-Abschluss und das ganze Wissen allein nicht weiter. HR-Verantwortliche beklagen mangelnde Soft-Skills bei Bewerbern und die Kandidaten unterschätzen die Bedeutung für den Einstellungsprozess, wie diese Studie zeigt. Mit zunehmendem Wandel der Arbeitswelt hin zu mehr Projektarbeit, interdisziplinären, agilen oder sogar virtuellen Teams und mehr Eigenverantwortung beim Einzelnen wird die Bedeutung der sozialen Kompetenzen weiter steigen. Soft-Skills lassen sich trainieren. Nicht von heute auf morgen in einem Wochenend-Seminar, sondern durch Bewusstsein, Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, Beobachtung und Selbstreflexion. Das Geniale daran: Sie können sie jederzeit und überall trainieren. Im Privatleben genauso wie im Beruf. Egal, ob Sie Schüler, Student, Berufseinsteiger oder alter Hase sind, so können Sie jeden Tag ganz nebenbei, aber gezielt an Ihren Soft Skills arbeiten:

Soft Skills trainieren: 6 Übungen für mehr soziale Kompetenz

Jede Form von Training ist effektiv, wenn Sie sich fokussieren. Daher stelle ich Ihnen einen Wochenplan vor, mit dem Sie jeden Tag eine andere soziale Kompetenz trainieren und weiterentwickeln können.

Vielleicht werden Sie für dieses Training ab und zu Ihre gewohnte Komfortzone verlassen müssen. Trauen Sie sich Schritt für Schritt raus, soweit Sie möchten und glauben, dass es Ihnen gut tut. Das Training soll keine Qual sein! Seien Sie neugierig, ob und was sich verändert.

Sie werden wahrscheinlich in Situationen kommen, in denen Sie in alte Gewohnheiten zurückfallen. Sofern Sie sich wirklich auf die Übung des Tages einlassen, werden Sie diese Situationen schnell erkennen. Probieren Sie aus, etwas ander(e)s als sonst zu tun, um neues Verhalten aktiv zu trainieren. Vielleicht werden Sie von Ihrem Umfeld Kopfschütteln und Verwunderung ernten. Das ist normal, denn für andere ist Ihre Verhaltensweise ungewohnt.

Montag: Aktives Zuhören

Heute hören Sie genau hin, was andere zu sagen haben. Konzentrieren Sie sich darauf, im Gespräch mit dem Chef, den Kollegen oder dem Partner bzw. der Partnerin bewusst alles aufzunehmen, was er/sie sagt. Drücken Sie während dieser Zeit die Pause-Taste für Ihren eigenen Film im Kopf.  Interessieren Sie sich echt! (Natürlich nur, wenn es Sie wirklich interessiert.) Nehmen Sie so viele Informationen Ihres Gegenübers wahr, wie möglich. Achten Sie dabei nicht nur auf die Sachinhalte, sondern auch auf Sprache, Körperhaltung, Gestik und Mimik.

Mein Tipp: Stellen Sie sich vor, Sie müssten das Gesagte Ihres Gegenübers zu Beginn Ihrer Antwort wiederholen, bevor Sie Ihr Statement abgeben. Nur vorstellen, sonst wird das Gespräch steif und albern. Sind Sie an der Reihe, sagen Sie, was Ihnen als Antwort wichtig ist. Aktives Zuhören ist anstrengend. Aber Sie werden überrascht sein, wie sehr Kommunikation davon profitiert, weil Missverständnisse ausbleiben und Sie sich einfach besser „verstehen“.

Dienstag: Wertschätzung

Nein, heute sollen Sie nicht platt alles und jeden loben. Das wäre nicht authentisch! Achten Sie vielmehr bewusst darauf, nicht nur Probleme zu suchen und Fehler zu kritisieren, sondern auch Erfolge und das zu sehen, was gut funktioniert. Erkennen Sie es bei sich selbst an und sprechen Sie es anderen gegenüber aus. Wertschätzen Sie Ihre und die Leistungen anderer, auch wenn sie im ersten Moment vielleicht nichts besonders für Sie sind. Ihre Anerkennung und Ihr Lob sollten authentisch und echt gemeint sein.

Finden Sie heute für sich selbst heraus, was Wertschätzung und Anerkennung für Sie in Ihren verschiedenen Rollen im Beruf und im Privatleben bedeutet. In welchen Situationen oder bei welchen Personen fällt es Ihnen leicht/schwer, wertschätzend zu sein und woran liegt das? Auf der anderen Seite: Von wem hätten Sie selbst gerne mehr Wertschätzung und was können Sie selbst dazu beitragen? Was verändert sich in der Beziehung zu Ihnen selbst und zu anderen an Ihrem Wertschätzungs-Dienstag?

Mittwoch: Empathie

Jedes Verhalten ist in irgendeinem Kontext sinnvoll. Nervt Sie mal wieder ein Kollege oder Mitarbeiter, dann versetzen Sie sich in seine Lage und fragen Sie sich: Warum ist es ihm/ihr gerade wichtig, sich so und nicht anders zu verhalten? Was geht im Kopf des/der anderen vor? Beurteilen und verurteilen Sie Verhalten nicht vorschnell, weil Sie etwas anders machen würden oder glauben, es besser zu wissen. Versuchen Sie, das Verhalten anderer in deren Kontext zu begreifen.

Empathie verwechseln viele mit Mitleid. Doch Mitleid und Mitgefühl sind ein Unterschied. Ziehen Sie die Brille Ihres Gegenübers auf und versuchen Sie, durch dessen Perspektive auf das im Raum stehende Thema zu sehen. Lernen Sie die Menschen in Ihrer Umgebung mit ihren Werten und Sichtweisen bewusst kennen: Was ist ihnen wichtig und warum? Für die Führungskräfte unter Ihnen: Wie fühlen sich Ihre Mitarbeiter? Wie nehmen sich die Mitarbeiter selbst wahr und wie nehmen Sie sie wahr? Was brauchen Ihre Mitarbeiter von Ihnen, um einen guten Job zu machen?

Es geht nicht darum, jegliches Verhalten anderer zu analysieren und es verstehen zu müssen. Dann hätten Sie viel zu tun und würden nur noch Gedanken lesen. Nein, vielmehr geht es um das eigene Bewusstsein, dass andere Menschen einen anderen Blick auf die Dinge haben können und es nicht immer ein Richtig oder Falsch gibt. Fahren Sie mittwochs Ihre Emotions-Antennen aus und nehmen Sie besonders die zwischenmenschlichen Beziehungen bewusst wahr.

Donnerstag: Teamwork

Heute geht es darum, gemeinsam stark und erfolgreich zu sein. Zusammenarbeit im Team wird im Beruf in Zukunft immer wichtiger werden. Teamwork hört nicht beim Arbeitgeber auf, sondern betrifft auch Ihr Privatleben. Wie gut können Sie sich auf andere Menschen einlassen, gemeinsam Ideen verfolgen und an Lösungen arbeiten? Auch wenn Sie heute keinen einzigen Termin haben, werden Sie sicher in irgendeiner Form in Kontakt mit Kollegen oder anderen Menschen kommen. Teamwork ist auch, die Einkäufe des älteren Nachbarn im Treppenhaus nach oben zu tragen oder dem Kollegen bei einer schwierigen Aufgabe unter die Arme zu greifen.

Achten Sie heute bewusst darauf, wie Sie welche Ihrer Stärken im Sinne der Gemeinschaft nützlich einbringen können. Warten Sie nicht, bis Sie jemand um Rat fragt, sondern bieten Sie (nicht aufdringlich!) Ihre Unterstützung an. Arbeiten Sie heute im Team oder steht ein Meeting an, dann achten Sie darauf, welche Rolle Sie im Team einnehmen und zukünftig vielleicht anders einnehmen möchten. Halten Sie auch die Augen und Ohren offen, wie andere Sie als Teammitglied wahrnehmen. Sind Sie im Team akzeptiert und willkommen? Wenn ja, was ist es genau, was andere an Ihnen schätzen? Wenn nein, was können Sie selbst zu einer besseren Zusammenarbeit im Team beitragen?

Freitag: Selbstverantwortung

Bevor es ins Wochenende geht, werden Sie heute zum Chef – ihres eigenen Lebens! Übernehmen Sie Verantwortung für Ihr Handeln. Heute schieben Sie weder die Schuld in die Schuhe anderer, noch drücken Sie sich vor Dingen oder mutieren zum Kollegenschwein. Entscheiden Sie sich aktiv für das, was Ihnen in diesem Moment wichtig ist. Achten Sie den ganzen Tag darauf, in welchen Situationen Sie am liebsten die Verantwortung abgeben würden, weil Sie es so gewohnt sind und es so einfach wäre. Stellen Sie sich die Frage, ob es richtig ist, in dieser Situation nicht die Verantwortung zu tragen (wenn ja, wer ist tatsächlich verantwortlich?) oder ob Sie sie stattdessen aktiv übernehmen sollten?

Sie werden an diesem Tag schnell bemerken, wie oft Sie sich aus Gewohnheit nicht verantwortlich fühlen, obwohl Sie es eigentlich sind. Typisch sind Fälle, bei denen Sie jammern, wütend sind auf andere oder sich über etwas ärgern. Ihre Übung heute: Wenn Sie diese Gefühle bemerken, seien Sie kein Opfer der üblen Umstände, sondern klären Sie für sich, was die Situation mit Ihnen zu tun hat und ob bzw. wie Sie stattdessen die Verantwortung übernehmen können – an Ihrem Chef-des-Lebens-Tag.

Samstag: Wochenrückblick

Heute reflektieren Sie Ihre Erfahrungen der vergangenen Woche. Was hat gut funktioniert und wobei haben Sie sich wohl gefühlt? Was ist Ihnen schwer gefallen und woran glauben Sie, lag dies? Was nehmen Sie sich für die nächste Woche vor, weiter zu trainieren oder anders zu machen?

Soziale Kompetenz beinhaltet zwei Aspekte: Es ist das Verhalten mit und zu Ihnen selbst und auch das Verhalten mit und zu anderen. Trennen Sie Ihren Wochenrückblick nach dieser Unterscheidung:

Was hat Ihnen persönlich das Training der letzten Woche gebracht? Wie haben sich Ihre eigene Wahrnehmung, Verhalten, Motivation,  Selbstdisziplin, Wertschätzung sich selbst gegenüber und Ihr Selbst-Bewusstsein verändert? Gibt es etwas, das sich verändert hat und wenn ja, war es hilfreich und tat es Ihnen gut?

Was hat sich anderen gegenüber verändert? Ihre Kritik- oder Konfliktfähigkeit, Teamfähigkeit, Kompromissfähigkeit, Toleranz, Kommunikation, Wertschätzung anderen gegenüber. Wie haben Sie Ihre Interaktion mit anderen erlebt und welche Reaktionen haben Sie bei anderen Ihnen gegenüber beobachtet?

Sonntag: Ruhetag

Ich vermute, Sie wissen, was Sie heute tun können ;-)

Sie ahnen es wahrscheinlich: Mit einer Woche Soft-Skills trainieren ist es nicht getan. Wie für alle Kompetenzen gilt auch hier die Maxime lebenslanges Lernen. Wenn Sie „in Übung“ sind, dann vergessen Sie Ihren Wochenplan und trainieren, was für Sie, Ihre Position und Ihr Umfeld wichtig ist.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Alltags-Training für Ihre sozialen Kompetenzen! Schreiben Sie gerne einen Kommentar, welche Erfahrungen Sie dabei machen oder welche anderen Soft-Skills für Sie besonders wichtig im Beruf und im Leben sind.

MerkenMerken

Ich freue mich, wenn Sie diesen Beitrag in Ihren Netzwerken teilen.

Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Weitere Beiträge zum Thema:

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare
  1. Ein hervorragender und wichtiger Artikel. In diesem Zusammenhang ist das Buch „How to find Friends and influence People“ von Dale Carnegie zu empfehlen. Beim Lesen hatte ich den Eindruck, dass der Autor dieses Buch kennt ;)

  2. Hallo lieber Bernd,

    vielen Dank wieder einmal für diesen wert(e)vollen Artikel. Die Woche hat (nur) 7 Tage. Was soll da also noch reinpassen ;-) habe ich mich gefragt: musikalische Untermalung ist ja nie verkehrt. Versuchen wir es also mit einem „Tauschkonzert“ mit den Instrumenten: Kommunikation und Empfinden.
    Tauschen wir doch einfach häufiger mal das ABER gegen das UND. Wir werden sehen was mit anderen und was mit uns selbst dabei passiert. Tauschen wir doch Scham und Schuld einfach mal häufiger mit Neugier und Mut und wir werden sehen wieviel freier uns das macht.

    In diesem Sinne wünsche ich allen eine eindrucksvolle Restwoche, Ute

  3. Die beschriebenen Übungen hören sich wirklich vielversprechend an.
    Ein Gedanke kam mir beim Lesen der Montagsübung „Aktives Zuhören“. Hier gab es eine Einschränkung „nur wenn es einen wirklich interessiert“. Ich denke, es kann durchaus überraschend sein, einem Thema zu zuhören, das man nicht spannend findet. Vielleicht entdeckt man beim aktiven Zuhören etwas Neues, das man bei Anwendung der Einschränkung glatt verpasst hätte.
    Es muss ja auch einen Grund geben, warum das Gegenüber so begeistert von dem Thema ist :-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert