Top Secret: 7 versteckte Lebenslauf Botschaften, die kaum ein Bewerber kennt
Ich habe in den letzten Jahren Hunderte Lebensläufe gelesen und im Coaching viel über die Menschen hinter ihnen und ihr (Berufs-)Leben erfahren. Offen und ehrlich im geschützten Raum und anders als es jemals ein Personaler sowie oftmals der eigene Partner erfährt. Mit der Zeit habe ich erkannt, dass fast alle Lebensläufe – tabellarisch und auf den ersten Blick sachlich – immer auch Botschaften über den Menschen dahinter transportieren, über die sich viele Bewerber nicht bewusst sind. Vermutlich verrät auch dein Lebenslauf mehr, als du denkst. Hier sind sieben versteckte Lebenslauf Signale an Personaler, die du als Jobwechsler kennen solltest. Entscheide dich so bewusst, welches Bild du mit deinem Lebenslauf über dich vermitteln möchtest.
1 | Dein letzter Job war die Hölle und du bist fix und fertig
Du hast bereits einige Jahre Berufserfahrung auf dem Buckel und der erste Blick in deinen Lebenslauf verrät, was du in all den Jahren bei verschiedenen Arbeitgebern und in tollen Positionen alles getan und erreicht hast. Eine Bilderbuch-Karriere von der Schulzeit über die Ausbildung oder ein Studium, den Berufseinstieg bis heute – also fast bis heute. Denn die letzte Zeit bei deinem aktuellen Arbeitgeber schreit im Lebenslauf danach, dass es einfach nur die Hölle war. Weil du gelangweilt oder unterfordert warst, Chef oder Kollegen dich gemobbt haben, dir Verantwortung entzogen wurde oder du am Ende sogar krank geworden bist.
Logisch, dass du darüber nicht im Lebenslauf schreibst. Doch die für jeden Betrachter sichtbare Folge ist, dass sich die Beschreibung der letzten Position inhaltlich sowie oftmals auch rein optisch stark von den übrigen Stationen unterscheidet. Während die fünf Jahre beim vorletzten Arbeitgeber mit 15 Spiegelstrichen eine dreiviertel Seite einnehmen, schenkst du den letzten vier Jahren nur magere drei Unterpunkte – die zudem inhaltlich so hin gedrechselt wirken, dass sich jeder Außenstehende fragt, was du in den letzten Jahren überhaupt dort gemacht hast. Dabei sind sie es, die jeden neuen Arbeitgeber am brennendsten interessieren.
Mein Tipp: Versuche, den vielleicht auch noch sehr präsenten Ärger und deinen Frust über alles das, was du in den letzten Monaten erlebt hast, für einen Moment beiseite zu legen. Erinnere dich stattdessen daran, was die Zeit bei diesem Arbeitgeber auch aus- und wertvoll gemacht hat. Betrachte mit etwas Abstand deine täglichen Aufgaben, deinen Verantwortungsbereich oder auch die Projekte, an denen du beteiligt warst. Ich bitte viele Klienten, dass sie mir ihren letzten Job beschreiben – so, dass ich als Außenstehender sie dort arbeiten sehen kann. Ich verstehe, dass sie alle die letzte Zeit stark belastet hat und bin selbst immer wieder erschrocken, was bei manchem Arbeitgeber abgeht. Doch für deinen Lebenslauf spielt dies alles keine Rolle. Einen Leser geht es nichts an, wie es bei deinem (Ex-)Arbeitgeber zugeht (es interessiert ihn auch nicht) und dein neuer Chef oder der/die Personaler/in müssen auch nicht mitfühlen, wie es dir dort ergangen ist. Sie möchten sich ein Bild über dein bisheriges Berufsleben machen und müssen die Entscheidung treffen, ob du das für die Zielposition erforderliche Fach- und Erfahrungswissen mitbringst und mit deiner Persönlichkeit ins Unternehmen und Team passt. Achte also darauf, dass die Stationen in deinem Lebenslauf proportional zu ihrer Dauer ausgewogen sind und insbesondere die letzte bzw. aktuelle Stelle inhaltlich sachlich zum Rest des Lebenslaufs passt.
2 | Du glaubst, dass häufige Jobwechsel ein Problem sind
Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich Lebensläufe sehe, in denen bei jedem Arbeitgeberwechsel die Wechselmotivation frei Haus mitgeliefert wird: Insolvenz des Arbeitgebers, Eigenkündigung in der Probezeit, Schließung des Werks wegen Verlagerung des Produktionsstandorts, Übernahme durch einen Investor, Betriebsbedingte Kündigung, Strategische Neuausrichtung des Managements etc.
Viele Bewerber sind der Meinung, es gehöre zum guten Ton eines Lebenslaufs dazu, unaufgefordert jeden Jobwechsel plausibel glaubhaft zu erklären. Ich habe beim Lesen immer das Gefühl, dass sich Bewerber damit klein machen. Sprechen wir darüber, dann zeigt sich oft, dass sie es selbst sind, die ein Problem mit ihren häufigen Jobwechseln haben. Weil es ihnen ihr Umfeld so einredet oder weil manche der Wechsel bis heute mit belastenden Erinnerungen verbunden sind. Doch es geht einen neuen Arbeitgeber zu diesem frühen Stadium im Bewerbungsprozess nichts an, warum du dich vor 15 Jahren entschieden hast, einen Job zu kündigen oder du dieses und kein anderes Studienfach gewählt hast. Arbeitgeber schreiben schließlich auch in keine Stellenausschreibung, warum eine Position frei geworden und was mit dem bisherigen Mitarbeiter geschehen ist – auch wenn es irgendwie jeden Bewerber brennend interessiert.
Mein Tipp: Verzichte im Lebenslauf auf die Erklärung der Gründe für deine Jobwechsel. Rechtfertigung schwächt. Vertraue darauf, dass ihr im persönlichen Gespräch ausreichend Zeit haben werdet, über die Hintergründe deines Lebenslaufs sowie deine persönliche Motivation für bestimmte Entscheidungen deines Lebens zu sprechen.
3 | Du versuchst, Lücken zu vertuschen
Ich habe bisher kaum einen Menschen mit formal lückenlosem Lebenslauf erlebt. Wo nicht zwischen Schule oder Ausbildung und Studium einige Monate lagen oder die Suche zwischen zwei Jobs länger als in der Kündigungsfrist gedacht gedauert hat. Wo Erziehungszeiten, die Pflege von Angehörigen oder krankheitsbedingte Auszeiten zum Leben dazu gehörten. Doch bei manchen Lebensläufen wird meine Aufmerksamkeit als Leser stärker auf die Lücken als auf die eigentlichen beruflichen Inhalte zwischen ihnen gelenkt. Nämlich überall dort, wo jede noch so winzige Lücke ausgewiesen und mit einer Erklärung versehen wird.
Ich sehe 6 Monate „Berufliche Neuorientierung“ vor 10 Jahren, doch die Positionen vorher und im Anschluss sind ähnlich. Ich sehe 4 Monate „Sabbatical“ seit dem letzten Arbeitgeber als aktuellen Status ganz oben im Lebenslauf, doch in Wahrheit zieht sich die Jobsuche jetzt in der Corona-Krise länger als gedacht. Ich sehe in einem Lebenslauf vier Mal „Auszeit und Stellensuche“ immer für zwei/drei Monate zwischen jeder der Positionen und denke in diesem Moment daran, dass ich vermutlich einen Perfektionisten vor mir sitzen habe, für den ein Lebenslauf vor allem ein lückenlos korrektes Dokument zu sein hat.
Lücken sind Schandflecke im Lebenslauf und nicht gestattet, so die landläufige Meinung. Wer Lücken hat, wird aussortiert. Ich frage mich, woher dieser Glaubenssatz stammt. Klar, ich verstehe jeden Arbeitgeber, der sich dafür interessiert, warum jemand ein Jahr zwischen zwei Jobs gesucht oder in den letzten 5 Jahren nicht angestellt gearbeitet hat. Warum jemand Koch gelernt und in diesem Beruf gearbeitet, jedoch vor 10 Jahren auf Controller umgesattelt hat. Und klar, dass Arbeitgeber hinterfragen, ob du auf einem bestimmten Level auch nach 5 Jahren Erziehungszeit wieder einsteigen kannst. Doch spreche ich mit meinen Klienten im Coaching über diese vermeintlichen Lücken, dann zeigt sich auch hier meist, dass sie es sind, die ein Problem mit ihnen haben. Bist du jedoch selbst mit diesen (Zwischen-)Zeiten für dich im Reinen, dann sind sie auch kein Problem für den Leser deines Lebenslaufs.
Mein Tipp: Überlege dir für alle Zeiten ohne Beschäftigung, ob es dir selbst (!) wichtig ist, dass ein Leser deines Lebenslaufs erfährt, was du in dieser Zeit gemacht und erfahren hast. Dass du im Ausland warst, Sprachen gesprochen und unterschiedliche Kulturen erlebt hast. Dass du dir Zeit für die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen genommen hast. Dass du dir intensiv Gedanken über deine berufliche Ausrichtung in der Zukunft gemacht hast. Oder dass du krankheitsbedingt eine längere Zeit ausgefallen und nun wieder fit bist. Wenn es dir oder es womöglich für die Zielposition wichtig ist, dann führe diese Zeiten im Lebenslauf auf. Jedoch nicht, weil Lücken tabu sind und du dich hierfür vor Recruitern zu rechtfertigen hast.
4 | Du hast ein Problem mit deinem Alter
Mancher Lebenslauf schreit förmlich danach, dass hier versucht wurde, das eigene Alter zu vertuschen. Fast jeder Bewerber Ü50 ist der Meinung, sie/er habe doch kaum noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt – und so ist es wohl sicherer, das Geburtsdatum aus dem Lebenslauf zu streichen, so die Annahme vieler Berufserfahrener.
Ja, du musst dein Geburtsdatum im Lebenslauf nicht preisgeben, wenn du einen Arbeitgeber vor Diskriminierung schützen willst. Falls du mir schon länger folgst, dann weißt du, dass ich mit meinem Motto „Bewerber, zeigt Kante!“ für mehr Klarheit in der Bewerbung bin. Was bringt es, wenn Du im Vorstellungsgespräch sitzt und dort die Verwunderung groß ist, einem „alten Hasen“ gegenüber zu sitzen? Und mal ehrlich: Sage mir, wann du deinen Schulabschluss gemacht hast und ich sage dir, wie alt du heute (etwa) bist. Jeder Leser kann aufgrund Deines Lebenslaufs auch dein Alter abschätzen. Warum also nicht gleich mit offenen Karten spielen? Zeige so, dass du kein Problem mit deinem Alter hast und stolz darauf bist, was du in den letzten Jahren alles erreicht und erlebt hast.
5 | Du bist eine Plaudertasche oder ein Micromanager
Was würdet ihr als Personaler über einen Bewerber denken, wenn ihr von ihm für eine Position als Geschäftsführer zehn Seiten Lebenslauf und darin 3 Seiten prall gefüllt mit Weiterbildungen und IT-Zertifikaten in Händen haltet? Mein erster Gedanke wäre, dass ich es mit einem pedantischen IT-Nerd zu tun habe, statt mit einem Geschäftsführer, der auf den Punkt kommen und Unwichtiges von Wesentlichem unterscheiden kann.
Ich halte überhaupt nichts von der „Ein Lebenslauf darf maximal zwei Seiten lang sein“-Regel, doch du solltest dir darüber bewusst sein, dass mit der Ausführlichkeit und Länge deines Lebenslaufs etwas mitschwingt. Wer als Manager glaubt, in seinem Lebenslauf penibel korrekt jede noch so kurze Schulung von vor 20 Jahren aufführen zu müssen, der lässt damit ebenso tief auf seine Haltung und den Führungsstil als Manager blicken. Wer Romane aus Tätigkeiten und Erfolgen zu jeder Position verfasst und der Lebenslauf so mehr lyrischer Aufsatz als stichpunktartiger Überblick ist, der könnte bereits vor dem ersten Vorstellungsgespräch als nervige Plaudertasche abgestempelt werden.
Mein Tipp: Führe zu jeder Position nur die wichtigsten Tätigkeiten, Aufgaben und Erfolge auf, die aus deiner Sicht diese Zeit bei einem Arbeitgeber ausgemacht haben – mehr stichpunktartig als in ganzen Sätzen. Es geht nicht um absolute Vollständigkeit oder Abgleich mit einem Arbeitszeugnis, sondern es ist wichtig, dass sich der Leser ein gutes Bild machen kann. Während Berufseinsteiger meist mit 2 Seiten Lebenslauf auskommen, dürfen es für Berufserfahrene mit Mitte Vierzig / Anfang Fünfzig auch mal 4 – 5 Seiten sein. Mache dir bewusst, dass du je nach Position mit der Tiefe und dem Detaillierungsgrad deines Lebenslaufs auch etwas über dich und deine Persönlichkeit transportierst.
6 | Du bist als Führungskraft kein Menschenfreund
Manchmal sitzen mir Führungskräfte im Coaching gegenüber, die mir so beiläufig erzählen, dass ihre Mitarbeiter sie nerven und sie doch viel lieber an ihren eigenen, spannenden Themen arbeiten möchten. Ja, es kommt gerade in Konzernen und großen Organisationen vor, dass die besten Experten irgendwann zu Chefs befördert werden – auch wenn sie nicht die geborenen Menschenfreunde sind und so gar keine Lust auf Führung haben. Doch wer lehnt schon eine angebotene Führungsposition ab? – aber das ist ein anderes Thema.
Woran ich solche Fälle nur anhand eines Lebenslaufs erkenne? Es ist die Position in Kombination mit den Erläuterungen hierzu. Schreibt dort jemand eher sachlich über fachliche Themen und Aufgabenstellungen zu einer Position oder zeigt sich ein Teamplayer, der sich auch seiner Mitarbeiter- und Führungsverantwortung als elementarer Teil seiner Aufgaben in dieser Position bewusst ist? Viele meiner Klienten in Führungs- oder Management-Position vergessen beim Schreiben ihres Lebenslaufs, dass auch Führungs- und persönliche Mitarbeiterthemen ihr Erfahrungswissen bereichert haben.
Mein Tipp: Entscheide, welches Signal du mit deinem Lebenslauf setzen möchtest: Bist du ein starker Teamplayer und liebst du es, in der Führungsrolle Menschen zu entwickeln, dann zeige es bei der Beschreibung deiner bisherigen Tätigkeiten. Bist du hingegen eher der Einzelgänger und Spezialist und brauchst in einer Führungsrolle Mitarbeiter, die ähnlich ticken, dann solltest du auch dies klar (im Anschreiben) kommunizieren.
7 | Nur als Bester bist du gerade gut genug
Noten rein oder raus im Lebenslauf? Dies ist eine Frage, die ich häufig bespreche. Ich bin der Meinung, dass Noten im Bereich Studium, Ausbildung und Schule nicht alles entscheidend sind und Recruiter hierfür einen Blick in die Anlagen werfen können, doch es gibt Lebensläufe, die rufen es laut in die Welt hinaus: „Schaut her, ich muss immer und überall der/die Beste sein!“ Neben den üblichen Noten mit Hinweis auf das Jahrgangsbestranking und Abschlüssen – natürlich nur von Elite-Unis – werden Stipendien, Fördergelder und Ehrungen in Hülle und Fülle aufgeführt – gerne in Kombination mit namhaften Arbeitgebermarken als Beweis, es wirklich geschafft zu haben. Lerne ich die Menschen dahinter kennen und sprechen wir über ihre Werte, dann sind sie es häufig, denen Status völlig unwichtig ist und die so gar nicht die „Poser“ sind. Doch der Lebenslauf spricht eine völlig andere Sprache. Ein erster Eindruck, der vielen von ihnen nicht bewusst ist.
Mein Tipp: Überlege und entscheide auch hier für dich, welche Botschaft du mit deinem Lebenslauf aussenden möchtest. Bist du der Status und Anerkennung liebende Typ und ist es dir selbst wichtig, stolz mit deinen Bestnoten zu prahlen, dann nimm sie rein. Dann aber auch konsequent für alle Abschlüsse. Bist du der Meinung, dass es andere Aspekte sind, die dich und den Lauf deines Lebens ausmachen, dann lasse die Noten einfach raus.
Fachwissen punktet, Persönlichkeit entscheidet
Viele Bewerber fokussieren sich im Lebenslauf und auch im Anschreiben aus meiner Sicht zu stark nur auf die Zahlen, Daten und Fakten zu ihrem Fachwissen und ihrer Berufserfahrung. Sie vergessen, dass es bei jeder Stellenbesetzung auch um Persönlichkeit und den Menschen als neuen Mitarbeiter und Kollegen geht. Ja, ein Lebenslauf hat formal korrekt zu sein, doch was zwischen den Zeilen mitschwingt, das hat kaum ein Bewerber im Blick.
Vielleicht kannst auch du mit diesem Beitrag und anhand meiner ausgewählten Beispiele ein Gespür dafür entwickeln, was womöglich auch dein Lebenslauf über dich als Menschen, deine Persönlichkeit, Haltung und den echten Lauf deines Lebens vermittelt. Nutze dieses Bewusstsein, um einem potenziellen neuen Arbeitgeber ein noch besseres Bild von dir zu vermitteln und es ihm so leichter zu machen, eine gute Auswahlentscheidung zu treffen. Denn jede Bewerbung dient am Ende immer auch deinem eigenen Selbstschutz.
(Titelbild: 123rf.com, #138521735, Evgeny Gromov)
Danke für diese erleuchtende Erkenntnis zu den Noten. Ich bin gerade dabei, einen Lebenslauf zu erstellen und habe die Noten mit reingenommen, nachdem ich ein Video eines Überfliegers gesehen habe. Wahrscheinlich um zu zeigen, dass ich ja doch gar nicht so schlecht bin. Der Blogbeitrag hat mir aber deutlich gemacht, dass es so viel mit meinen eigenen Erwartungen an mich zu tun hat. Dabei sind Noten nur Momentaufnahmen, die losgelöst von meinem Können und meiner Persönlichkeit betrachtet werden können. Ich nehme die Noten jetzt wieder raus. Und bin zuversichtlich, dass der Rest für sich spricht.