Arbeit ist kein Ponyhof? Wer’s glaubt, ist selber schuld
„Arbeit ist kein Ponyhof“, diesen Spruch hast du sicher auch schon gehört. Vielleicht von deinem Chef, als du dich mal wieder über etwas beschwert hast oder von Freunden, denen es in ihren Jobs nicht besser geht. Doch wer sagt eigentlich, dass Arbeit immer anstrengend, hart und Erfolg schwer sein muss? Warum es Zeit wird und unserer Arbeitswelt gut tun würde, diesen Glaubenssatz endlich für ungültig zu erklären.
„Die Deutschen sind karrieremüde und unzufrieden in ihren Jobs, viele haben bereits innerlich gekündigt. Jeder Dritte ist auf dem Absprung zu einem neuen Arbeitgeber. Die Digitalisierung wird viele Arbeitsplätze vernichten. Arbeit stresst, langweilt, frustriert, macht krank. Arbeiten, um zu leben? – Tja, die Arbeit ist nunmal kein Ponyhof! …“
Diese und andere Sprüche sowie Halbwahrheiten kennst du, denn täglich lesen wir in den Medien und bekommen gespiegelt, was Arbeit mit uns anrichtet – und was Menschen auch mit Arbeit anrichten. Die belastende Schwere, die Arbeit innewohnt, wird gefühlt mit fortschreitender Digitalisierung immer mächtiger. Wohin steuert unsere Gesellschaft und auch eine Volkswirtschaft, wenn wir Arbeit vor allem mit Krankheit, Risiko, Unsicherheit und schwerer Last gleichsetzen? Jedes Jahr erfahren wir aus Studien, wieviel Prozent mehr der Arbeitsbevölkerung bereits innerlich gekündigt haben und die Krankenkassen berichten von weiterer Zunahme psychischer Erkrankungen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Ja, ja, dies ist der klare Beweis dafür, dass unsere Arbeitswelt schon verdamm hart und gefährlich geworden ist – und wo führt das alles nur hin?!
Aber hey, wer sagt eigentlich, dass Arbeit immer nur schwer und belastend sein muss? Klar gibt es immer wieder Situationen, in denen es so ist – und in meinem Job scheint auch nicht jeden Tag die Sonne, doch dies ist kein Grund dafür, die vielen positiven Seiten und persönlich wertvollen Erfahrungen zu übersehen, die Arbeit für jeden von uns täglich auch bereithält. Hier sind vier Gedanken als Impulse, die deine Sicht auf Arbeit verändern und womöglich auch aus deinem Job wieder einen schönen „Ponyhof“ machen können:
4 Perspektivwechsel, damit dein Job zum „Ponyhof“ wird
1. Mistarbeit ist Dünger für Neues
Ist es nicht so? Täglich Wiederkehrendes und wortwörtliche Mistarbeit gehören einfach auf jedem guten Ponyhof mit dazu. Langweilig Ödes ohne intellektuelle Herausforderung, Routinearbeit, Lästiges. Stell dir vor, dein Arbeitsalltag bestünde zu 100 Prozent aus neuen Herausforderungen und Abenteuern, wäre das nicht schrecklich? Wenn ich Klienten im Coaching frage, wie das ideale Verhältnis zwischen Abwechslung und Routine im Job für sie aussehen würde – also wenn sie es sich aussuchen könnten, dann antworten die meisten in der Relation 60:40 zugunsten der Abwechslung. Was ist das ideale Verhältnis für dich?
Ein gewisses Maß an Routine ist wichtig, denn sie gibt uns ein Gefühl von Sicherheit. Unser Gehirn schüttet sogar Belohnungsstoffe aus, sobald wir routiniert handeln. Mir persönlich kommen die kreativsten Ideen, während ich Routineaufgaben wie Rechnungen schreiben oder Staubsaugen im Büro erledige. Also, nutzen wir doch einfach entspanntes Arbeiten mit Routineaufgaben im operativen Tagesgeschäft – wie den täglichen Mist vom Ponyhof – ganz bewusst als guten Dünger für Neues, statt sie als langweiliges und nerviges Abfallprodukt unserer Jobs abzuwerten. Genieße den Anteil der Routine, den du brauchst, um dein Oberstübchen zu entspannen, bevor es mit neuen echten Herausforderungen weitergeht.
2. Verantwortung übernehmen ist Arbeit erleben
Kinder lernen auf einem Ponyhof sehr früh, Verantwortung im Team zu übernehmen – und vielen von ihnen macht es große Freude. Blicke ich heute in Teams oder Projekte, so scheint die Übernahme von Verantwortung mehr Last als Freude zu sein. Denn im Beruf verbinden sie viele Angestellte mit zusätzlicher Arbeit und Bestrafung bei Fehlern. 71 Prozent der Mitarbeiter machen nur noch Dienst nach Vorschrift, so das Ergebnis der letzten Gallup-Studie. Von Verantwortung übernehmen keine Spur.
Ganz spannend ist, dass sich viele in ihren Jobs frustrierte Arbeitnehmer in meinen Coachings wieder mehr Entscheidungsfreiheit für Gestaltungsspielraum und die Möglichkeit wünschen, stärker eigenverantwortlich Dinge bewegen zu können. Sie möchten ihre Arbeit positiv spüren und so wieder mehr Sinn erleben. Sie sehnen sich danach, einen neuen Job zu finden, in dem sie Verantwortung übernehmen und gestalten dürfen.
Ja, wenn du dich bewusst dafür entscheidest, wirklich die Verantwortung für dein eigenes Denken und Handeln sowie etwa für die gemeinsamen Ziele des Teams zu übernehmen, dann wirst du schnell bemerken, wie bereichernd es ist, als Chef deines eigenen Lebens und Teil einer guten Gemeinschaft Arbeit zu erleben.
3. Zügel in die Hand nehmen bringt deinen Job auf Trab
Manche Arbeitnehmer sitzen über Jahre, manchmal Jahrzehnte bis zur erlösenden Rente Arbeit ab – und aus. Sie sind zu Zuschauern ihrer eigenen Aufführung geworden, die sie längst nicht mehr interessiert. Die Schuld geben sie unfähigen Chefs, fiesen Kollegen oder pauschal der Politik. Dabei bemerken sie nicht, dass sie selbst das stärkste Pferd besitzen, jedoch längst abgestiegen sind und nebenher laufen.
Ich erlebe viele Arbeitnehmer, die so gelähmt in ihren Berufen vollends das Gefühl dafür verloren haben, was auch sie selbst alles verändern können, um ihrer Arbeit neuen Schwung zu geben und sich persönlich und fachlich fortzuentwickeln. Ob durch Weiterbildung, die Übernahme von interessanten neuen Aufgaben, ein Einbringen in spannende Projekte oder die Weitergabe von Wissen an Kollegen oder Auszubildende.
Es ist allein deine Entscheidung, gelähmt die selbst gewählte Rolle als Opfer der Umstände in vollen Zügen auszuleben oder die Zügel in die Hand zu nehmen, um deine Arbeit zu nutzen, dich weiterzuentwickeln und das eigene Leben wieder ordentlich auf Trab zu bringen. Und auch wenn du es mir nicht glaubst: Ob du im Trab, Galopp oder Walk unterwegs bist, auch dies kannst du in den meisten Fällen heute selbst als Angestellter frei entscheiden.
4. Deine Haltung macht Arbeit zum „Ponyhof“
Wer schon einmal auf einem Pferd gesessen hat, der weiß, wie wichtig Haltung und Körperspannung sind. Du ahnst es bereits: Auch Arbeit kann erst dann zum Ponyhof werden, wenn deine Haltung stimmt – im Innen und im Außen.
Eine Haltung, die geprägt wird durch Offenheit und echte Neugierde, Wertschätzung und Respekt, Selbstverantwortung und eigene Klarheit darüber, was dir im Beruf und auch im Leben heute und in Zukunft wirklich wichtig ist. Arbeitest du eigenverantwortlich daran, dass möglichst viel hiervon in deinem Job und persönlichen Umfeld erfüllt ist, dann wird dir deine Arbeit wieder mehr Freude machen – und du wirst sehen: sie darf dann auch leicht sein.
Ich wünsche dir viel Freude auf deinem „Ponyhof“ Arbeit – oder dem Weg dorthin. Schreib doch mal in die Kommentare, was deinen Job vielleicht heute schon zum „Ponyhof“ macht.
Dies Aussage stammt noch aus einer Zeit als jeder froh war überhaupt arbeit zu haben. Da musste noch genommen werden, was da war. Und natürlich waren das auch harte Arbeiten mit Arbeitszeiten von 10 h/Tag oder länger. Das war weder schön noch gesund.
Aber jetzt mal zu dem Spruch, das kann ich einfach nicht zurückhalten. Ich war nie auf einem Ponyhof. Wie soll ich da wissen, wie es da zugeht?
Spaß bei Seite.
Natürlich sind wir, wenn wir einen gewissen Ausbildungsstand haben, in der glücklichen Lage uns arbeitgebermäßig umorientieren zu können. Nur trifft auch das nicht auf alle Personen zu. Ohne Ausbildung und ggf. Spezialisierung in einem gefragten Aufgabenbereich wird das schon schwerer. Keiner wartet auf einen Kassenangestellte/n oder Lageristin/en. Aber auch bei Spezialisierung kann man schnell aus der Nachfrage fallen, wenn gerade diese Spezialisierung überholt wurde.
Also so einfach, wie sich das mancher Coach so vorstellt, funktioniert das in den unteren und mittleren Gehaltsklassen nicht. Auch sind da die Rücklagen meist recht dünn bis überhaupt nicht ausgeprägt. Also „mal eben“ den Arbeitgeber wechseln, weil man sein Gehalt nur noch als Schmerzensgeld empfindet, geht nicht. Darum halten das viele einfach aus. Da geht einfach die Sicherheit der Familie vor!
Was jetzt Punkt 1 angeht (Routinen zur Entspannung nutzen), kann das gehen, muss aber nicht. Denn viele Routinen in Unternehmen sind über Jahre gewachsen und werden quasi weitergegeben. Diese werden dann nicht mal hinterfragt. Das wiederum kann zu jeder Menge Papier ohne Sinn und Verstand führen. Manche Personen können mit soetwas leben. Ich leider nicht!
Daher ist das für mich keine Entspannung.
Zu Punkt 2 (Verantwortung übernehmen)
Nach langer Zeit des Ertragens und der Verantwortungslosigkeit ist es schwer für den Einzelnen wieder aktiv zu werden. Das bedraf reichlich Eigenmotivation. Kämpft man doch nicht nur gegen sich selber und seinen eigenen Schweinehund, der einem dauernd fragt: „Wofür eigentlich?“
Nein, es muss auch noch ein Kampf gegen die eigenen Kollegen und manchmal auch gegen die Vorgesetzen gefochten werden. Denn die Kollegen fragen auch: „Warum machst Du das?“. Die Vorgesetzten wiederum fragen sich: „Warum macht der das?“, „Warum jetzt?“, „Will der meinen Job?“, „Bring das Unruhe in die Gruppe/Team?“, usw.
Verstehen Sie mich nicht falsch, klar, kann ich mir Verantwortungsräume erkämpfen in dem ich mir diese einfach nehme. Aber ich darf die Kollegen dabei nicht zurücklassen. Diese müssen überzeugt und, so wie sie es zulassen, mitgenommen werden. Nur dann lässt sich etwas ändern.
Punkt 3. habe ich weitestgehend bereits in „Zu Punkt 2“ mitbeschrieben. Das Problem ist erst mal wieder die „Träge Masse“ in Bewegung zu bringen. Dazu muss ich von dem was ich tu überzeugt sein. Ich muss das machen wollen um etwas zu bewegen, nicht um selber aufzusteigen oder mich hervorzutun. Darum geht es nicht. Nur Überzeugung kann mitreißend wirken!
Beim Punkt 4 bin ich wieder bei Ihnen. Auch wenn ich nie geritten bin, Haltung und Auftreten gehört dazu. Wer wie ein Reissack auftritt, wird auch so wahrgenommen.
Wer von seiner Sache überzeugt ist, der hat aber automatisch eine passende Haltung und ein dementsprechendes Auftreten.
Und, Mann/Frau muss nicht unbedingt reiten um Haltung und Auftreten zu lernen. Tanzen (Standard und Latein) kann ich da auch sehr empfehlen. Allerdings nur dann, wenn die Lehrer auch auf Haltung, Technik und Benehmen achten.
Bei manchen Unternehmen funktioniert ein Kickstart der eigenen Motivation durchaus. Wer sich selbst kennt, kann die normal schwankende Motivation erkennen und agieren. Bei den meisten geht das auch.
Bei normalen Betrieben besteht so etwas wie eine Normalverteilung bei Motivation: ein kleiner Prozentsatz ist total demotiviert, ein kleiner Prozentsatz ist „übermotiviert“ und die große Mehrzahl ist realistisch. Wenn jedoch der kleine Prozentsatz der total demotivierten stetig ansteigt, kann man sich nicht auf die eigenen Ressourcen verlassen und der Betrieb muss etwas unternehmen.
Leider gab es Menschen, wie Jack Welch, die glaubten, man müsse nur den kleinen, demotivierten Prozentsatz entlassen, Jahr nach Jahr, und irgendwann gibt es ja dann nur noch motivierte Mitarbeiter! Viele Firmen und Personen glauben noch immer an diesen Ansatz.
Fazit: die schwankende Motivation, vor allem bei Langzeitangestellten ist normal und kann durch eigenen Eingriff durchaus normalisiert werden. Bei einer großen Anzahl von demotivierten Mitarbeitern muss die bestehende Führung etwas unternehmen um das Ruder zu schwenken. Hier sollten jedoch vernünftige und sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden.